Verbraucherschutz: Mindesthaltbarkeitsdatum als Kennzeichnung beibehalten
- Mindesthaltbarkeitsdatum als Kennzeichnung beibehalten
- Verbraucherzentrale NRW lehnt Pläne der EU ab, das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abzuschaffen oder zu ersetzen.
- Das MHD bietet wichtige Orientierung und wird von der Mehrheit richtig verstanden
- Um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, fordern Verbraucherschützer ein Umdenken bei Händlern
Es stimmt: Der größere Teil der Lebensmittelabfälle entsteht in privaten Haushalten. Darauf entfallen gut sechs Millionen Tonnen und somit 52 Prozent der Lebensmittelabfälle in Deutschland . Insgesamt sind es etwa 75 Kilogramm pro Einwohner und Jahr. Für mehr Klimaschutz möchte die Europäische Union (EU) diese Verschwendung reduzieren. Zur Debatte steht auch eine Abschaffung oder Veränderung des Mindesthaltbarkeitsdatums. Doch das würde mehr Probleme schaffen als lösen, erklärt Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale #NRW.
Landen wirklich viele Lebensmittel im #Müll, die noch gut sind, aber deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist? Nein, sagt Bernhard Burdick, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale NRW. »„Der größere Teil der Lebensmittel, die weggeworfen werden, haben gar kein MHD, wie zum Beispiel Obst, Gemüse, Brot und Backwaren. Nach aktueller Lage gehen gerade einmal fünf Prozent der Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten auf das MHD zurück. Außerdem sehen wir zumindest in Deutschland keine belastbare Untersuchung, die eine Abschaffung des MHD rechtfertigt. Im Gegenteil: Schon seit Jahren zeigen Umfragen, dass die große Mehrheit diese Angabe richtig versteht und sie beibehalten möchte.«
Eine Verbraucherbefragung der Verbraucherzentrale NRW ergab bereits vor zehn Jahren, dass gut drei Viertel der Befragten (77 Prozent) das MHD und auch das Verbrauchsdatum (75 Prozent) richtig verstehen. In einer Befragung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) sprachen sich 2015 immerhin 83 Prozent der Befragten dafür aus, dass das MHD auf jeder Verpackung vorhanden sein sollte, und 84 Prozent fühlen sich über das MHD sogar »eher gut« informiert. Auch das Max-Rubner-Institut stellte 2017 fest, dass 88 Prozent der Verbraucher:innen nach Ablauf des MHDs prüft, ob die Lebensmittel noch verwendbar sind und nur 7 Prozent die Produkte dann generell wegwerfen.
Das MHD durch eine andere Formulierung zu ersetzen, wie beispielsweise nach dem britischen Muster »Best before …«, ist laut Burdick daher keine gute Lösung: »Um die neue Kennzeichnung ähnlich bekannt zu machen, wäre eine Informationskampagne erforderlich. Dass die Umbenennung dann zu mehr Beachtung und richtigem Handeln führen würde, ist zudem nicht gesagt.« Ein Blick nach Großbritannien zeige beispielsweise, dass trotz der Kennzeichnung „Best before…“ dort in Haushalten mehr Lebensmittel als in Deutschland weggeworfen werden.
Problem: Bei überschrittenem MHD haftet der Händler
Handlungsbedarf besteht aus Sicht der Verbraucherzentralen an einem anderen Punkt: Der Handel ist keinesfalls gezwungen, Lebensmittel mit überschrittenem MHD aus dem Regal zu nehmen, sondern kann nach Prüfung diese Lebensmittel weiterhin verkaufen. Da aber die Haftung für die Produkte dann vom Hersteller auf die Händler übergeht, werden betroffene Lebensmittel oftmals mehrere Tage oder sogar eine Woche vor Ablauf des MHDs aus dem Verkauf genommen. Burdick: »Da braucht es ein Umdenken der Händler. Denn durch die übervorsichtige Handhabung des MHD wird Verbraucher:innen vermittelt, dass Lebensmittel mit überschrittenem MHD schlecht seien. Viel besser wäre es, wenn der Handel Lebensmittel vor, am und nach dem MHD wertschätzend und für den kurzfristigen Verbrauch offensiv anbieten und damit einen konsequenten Nachhaltigkeitsbeitrag liefern würde.« Die lieblos wirkende Sammlung in Kartons und mit roten Warnaufklebern sei eher kontraproduktiv.
Bernhard Burdick, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale NRW
»Das Mindesthaltbarkeitsdatum hat einen hohen Bekanntheitsgrad in Deutschland und bietet Verbraucher:innen eine wichtige Orientierung. Eine Änderung oder gar Abschaffung hilft deshalb nicht gegen Lebensmittelverschwendung.«