»Freiheit der Kunst ist Garantie für Existenz der documenta«, Christian Geselle, Oberbürgermeister Kassel

»Ich bin dankbar, dass die künstlerische Leitung aus eigenem Willen sehr aufgeschlossen und verantwortungsvoll mit dem Thema umgeht und sich selbst im Rahmen eines offenen und vielstimmigen Expertenforums kritisch konstruktiv mit den aufgekommenen Vorwürfen auseinandersetzen will.«

Das erklärte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Documenta gGmbH, nachdem ruangrupa jetzt in einer ausführlichen Erklärung die aktuellen #Antisemitismus #Vorwürfe von sich gewiesen haben. 

Es sei genau der richtige Weg, dass sich die documenta mit der weiteren thematischen Auseinandersetzung selbst befassen will, sagte Geselle. »Einen Eingriff in die künstlerische Freiheit darf und wird es mit mir nicht geben – auch nicht durch Überprüfung oder gar Beschlüsse in den Gremien der Gesellschaft. Die künstlerische Leitung der ›documenta‹ ist frei von politischen Einflussnahmen – zumal hier keine strafrechtlich relevanten Verstöße vorliegen.«

Er werde als Aufsichtsratsvorsitzender die weiteren Mitglieder des Gremiums über die aktuelle Situation ausführlich informieren. Geselle: »Dazu ist aber keine Sondersitzung des Gremiums notwendig. Und schon gar nicht wird man als Aufsichtsrat Beschlüsse zu künstlerischen Arbeiten fassen, da dies einer #Zensur gleichkäme.«

Die Freiheit der #Kunst bleibe die wichtigste Voraussetzung für die Existenz und weltweite Bedeutung der »documenta«, erklärte der Oberbürgermeister abschließend.

Der Vorwurf

In einem ‘Blogbeitrag der kleinen Kasseler Initiative »Bündnis gegen Antisemitismus« wird der indonesischen Kuratorengruppe »Ruangrupa«, die die kommende Ausgabe des Kunstfestivals verantwortet, vorgeworfen, antizionistische Vorurteile zu bedienen. In einem anonym verfassten Text werden zahlreiche Hinweise auf Künstler und Mitarbeiter genannt, die angeblich die Existenz Israels in Frage stellen sollen und sich antisemitisch geäußert hätten.

Der »Blog« beruft sich auf Hinweise wie diesem: Es gebe Documenta Künstler, die in einem Kulturzentrum in Ramallah arbeiten, das nach einem seit 70 Jahren toten arabischen Nationalisten benannt ist, der #Nazi Sympathisant war. Auch wird auf den literarischen Text eines Künstlers verwiesen, den die Autorengruppe des Blogs fälschlicherweise für einen Tatsachenbericht hielt. Auch in der Documenta Mitarbeit von zwei Personen, die 2020 den kritischen Einwand »Wir können nur ändern, was wir konfrontieren« unterschrieben hatten, wurde ein weiterer Beweis gesehen. In dem Schreiben kritisierten Hunderte Intellektuelle von Klaus Staeck bis Monica Bonvicini die Beschlussfassung des Bundestages, jede Unterstützung für die Israel Boykott Bewegung BDS (»Boycott, Divestment, Sanctions«) pauschal als antisemitisch zu verurteilen und im Verdachtsfall öffentliche Gelder zu sperren.

Den Kasseler Blog Beitrag popularisierte der Journalist Thomas E. Schmidt anschließend als eigenen Kommentar in der Zeit und forderte darin das Einschreiten von Claudia Roth [sic!]. Schmidt glaubt außerdem, dass das »schlingernde Kunst Heiligtum« Documenta mit der 15. Ausgabe eingestellt werden könnte. Die Documenta habe mit Werner Haftmann schon eine nazibelastete Gründungsfigur besessen und am wichtigsten Documenta Künstler, Joseph Beuys, seien »braune weltanschauliche Spuren« sichtbar geworden.