Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, erforschen, warum die Arktis grüner wird
- Ein ForÂschungsÂteam der #ETH #ZüÂrich und der WSL ist im SomÂmer 2022 nach SpitzÂberÂgen geÂreist, um das »ArcÂtic GreeÂning« unÂter die LuÂpe zu nehÂmen. ProÂjektÂleiÂter SeÂbasÂtiÂan DötÂterl über ForÂschen zwiÂschen EisÂbäÂren, Streiks und #Krieg.
»Wir haÂben #LandÂschafÂten geÂseÂhen, in deÂnen #PerÂmaÂfrost großÂfläÂchig kolÂlaÂbiert ist«, sagt SeÂbasÂtiÂan DötÂterl beÂsorgt. Der ProÂfesÂsor für BoÂdenÂresÂsourÂcen ist soÂeben von eiÂner FeldÂkamÂpaÂgne von SpitzÂberÂgen zuÂrückÂgeÂkehrt. Die InÂselÂgrupÂpe liegt auf rund 78 Grad nördÂliÂcher BreiÂte, das TherÂmoÂmeÂter kletÂtert hier im SomÂmer im DurchÂschnitt auf 9 Grad #CelÂsiÂus.
DortÂhin war er MitÂte JuÂli mit 11 weiÂteÂren ForÂschern der ETH ZüÂrich und der EidÂgeÂnösÂsiÂschen ForÂschungsÂanÂstalt Wald, Schnee und LandÂschaft WSL zuÂsamÂmen mit norÂweÂgiÂschen PartÂnern nach langÂwieÂriÂgen, aufÂwänÂdiÂgen und nerÂvenÂaufÂreiÂbenÂden VorÂbeÂreiÂtunÂgen aufÂgeÂbroÂchen. Ihr Ziel: die HinÂterÂgrünÂde und MeÂchaÂnisÂmen des »ArcÂtic GreeÂning« zu erÂforÂschen. Und SpitzÂberÂgen dient hierÂfür als ideaÂles FeldÂlaÂbor.
GrößÂtes und schwieÂrigsÂtes UnÂterÂfanÂgen
Noch vor weÂniÂgen TaÂgen knieÂte DötÂterl mit WollÂmütÂze, winddichter​ und reÂgenÂdichÂter #KleiÂdung in der #TunÂdra, um BoÂdenÂproÂben zu samÂmeln. Jetzt sitzt er in Shorts und T-​Shirt in seiÂnem BüÂro. Der ForÂscher wirkt etÂwas abÂgeÂkämpft, aber nicht nur weÂgen dem WechÂsel aus der kühÂlen ArkÂtis in die AuÂgustÂhitÂze von ZüÂrich. SonÂdern auch weÂgen der FeldÂforÂschung auf SpitzÂberÂgen selbst – oder vielÂmehr: weÂgen der RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen.
»DieÂses UnÂterÂfanÂgen stellt beÂzügÂlich GrösÂsenÂordÂnung und SchwieÂrigÂkeit meiÂne bisÂheÂriÂgen Feldarbeits-​Kampagnen in den SchatÂten«, beÂtont DötÂterl. »Ich hatÂte noch nie mit solch schwieÂriÂgen RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen zu kämpÂfen wie bei dieÂsem ProÂjekt, und dass, obÂwohl wir auch viel FeldÂforÂschung in ReÂgioÂnen wie dem KonÂgo beÂtreiÂben.«
»DieÂses UnÂterÂfanÂgen stellt beÂzügÂlich GrößenÂordÂnung und SchwieÂrigÂkeit meiÂne bisÂheÂriÂgen Feldarbeits Kampagnen in den SchatÂten«, SeÂbasÂtiÂan DötÂterl.
#CoÂroÂna, Krieg und #PiÂloÂtenÂstreik
Erst verÂzöÂgerÂte die CoÂroÂnaÂpanÂdeÂmie den ProÂjektÂstart um mehr als 1 Jahr. Dann beÂgann RussÂland im FeÂbruÂar den Krieg geÂgen die UkraiÂne, was beÂdeuÂteÂte, dass das ForÂschungsÂteam InÂfraÂstrukÂtur, die der rusÂsiÂsche Staat auf SpitzÂberÂgen beÂtreibt, nicht wie geÂplant nutÂzen durfÂte. Für den ZuÂgang in abÂgeÂleÂgeÂne ReÂgioÂnen wäÂren die ForÂschenÂden jeÂdoch darÂauf anÂgeÂwieÂsen geÂweÂsen. Mit Glück konnÂten die norÂweÂgiÂschen PartÂner in letzÂter MiÂnuÂte ein SeÂgelÂschiff samt Crew charÂtern, daÂmit die ForÂschenÂden ein Dach über dem Kopf hatÂten und zu ihÂren UnÂterÂsuÂchungsÂgeÂbieÂten geÂlanÂgen konnÂten.
Aber daÂmit nicht geÂnug: Kurz vor der AbÂreiÂse im JuÂli geÂfährÂdeÂte ein PiÂloÂtenÂstreik bei der skanÂdiÂnaÂviÂschen FlugÂgeÂsellÂschaft SAS das UnÂterÂfanÂgen erÂneut. »HätÂte unÂseÂre DokÂtoÂranÂdinÂnen nicht so schnell reÂagiert und erÂneut für alÂle MitÂglieÂder der ExÂpeÂdiÂtiÂon FlüÂge geÂbucht, wäÂren wir gar nicht nach SpitzÂberÂgen geÂfloÂgen«, beÂtont DötÂterl.
Berge, Klippen, ein Segelschiff im Meer
Wie, wo und warÂum erÂgrünt SpitzÂberÂgen? DarÂauf will ein ETH​ und WSL ​Forschungsteam AntÂworÂten finÂden.
ÖkoÂloÂgiÂschen #WanÂdel in der ArkÂtis erÂforÂschen
Die HauptÂstadt SpitzÂberÂgens LonÂgyeÂarÂbyÂen ist für das ForÂschungsÂteam aus PflanÂzenÂökoÂlog:inÂnen, BoÂdenÂkundÂler:inÂnen, GeoÂökoÂlog:inÂnen und MiÂkroÂbioÂlog:inÂnen AusÂgangsÂpunkt, um im RahÂmen eiÂnes »ETH Plus ​Projekts« in den komÂmenÂden JahÂren die loÂkaÂlen MusÂter und MeÂchaÂnisÂmen des ErÂgrüÂnens der ArkÂtiks zu erÂforÂschen. Am ProÂjekt beÂteiÂligt sind nebst DötÂterls GrupÂpe auch ForÂschenÂde um JaÂke AlexÂanÂder, CaÂra MaÂgnaÂbosÂco und SiÂmoÂne FiÂor (alÂle ETH ZüÂrich) soÂwie AliÂne FrosÂsard von der WSL.
Den AnÂstoß zu dieÂsem ForÂschungsÂvorÂhaÂben geÂgeÂben hat die TatÂsaÂche, dass die gloÂbaÂle ErÂwärÂmung ÖkoÂsysÂteÂme raÂsant verÂänÂdert. In der ArkÂtis vollÂzieht sich dieÂser WanÂdel noch schnelÂler als anÂdersÂwo auf der Welt. So sind die TemÂpeÂraÂtuÂren im hoÂhen NorÂden in den letzÂten drei JahrÂzehnÂten um vieÂles stärÂker geÂstieÂgen als im weltÂweiÂten DurchÂschnitt.
Das bringt nicht nur die #GletÂscher und den PerÂmaÂfrost zum SchmelÂzen, sonÂdern änÂdert auch BöÂden und PflanÂzen in der arkÂtiÂschen TunÂdra. ZwiÂschen 1984 und 2012 sind 30 ProÂzent der Tundren NordÂameÂriÂkas grüÂner geÂworÂden, wie eiÂne exÂterÂne Nasa ​Studie zeigÂte. WesÂhalb aber manÂche Tundren stärÂker und raÂscher erÂgrüÂnen als anÂdeÂre, hängt verÂmutÂlich mit der loÂkaÂlen BoÂdenÂfruchtÂbarÂkeit, dem WasÂserÂhausÂhalt und dem #MiÂkroÂkliÂma zuÂsamÂmen.
Im FoÂkus der ETH- und WSL ​Forscher steÂhen eiÂnerÂseits anÂgeÂstammÂte und einÂgeÂführÂte PflanÂzen und wie dieÂse auf die ErÂwärÂmung reÂagieÂren. Die WisÂsenÂschaftÂler beÂfasÂsen sich auch mit der sich beÂschleuÂniÂgenÂden BoÂdenÂentÂwickÂlung und den VerÂänÂdeÂrunÂgen bioÂgeoÂcheÂmiÂscher KreisÂläuÂfe. DaÂzu unÂterÂsuÂchen sie urÂsprüngÂliÂche TunÂdraÂböÂden, geÂstörÂte BöÂden in SiedÂlungsÂnäÂhe soÂwie nährÂstoffÂreiÂche BöÂden in der NäÂhe von VoÂgelÂkoÂloÂnien an.
WeiÂter möchÂten die ForÂschenr herÂausÂfinÂden, welÂche RolÂle MiÂkroÂben bei der BeÂsiedÂlung von junÂgen BöÂden durch PflanÂzen und in den sich änÂdernÂden miÂkroÂbielÂlen GeÂmeinÂschafÂten in besÂser entÂwiÂckelÂten BöÂden spieÂlen werÂden.
Aus ihÂren DaÂten wolÂlen die ForÂschenr schließÂlich ein MoÂdell abÂleiÂten, welÂches ÄnÂdeÂrunÂgen in der VeÂgeÂtaÂtiÂon, den BöÂden und den MiÂkroÂorÂgaÂnisÂmen beÂinhalÂtet und zur ProÂgnoÂse zuÂkünfÂtiÂger ÄnÂdeÂrunÂgen in arkÂtiÂschen ÖkoÂsysÂteÂmen verÂwenÂdet werÂden kann.
ImÂproÂviÂsaÂtiÂon war geÂfragt
Mit dem VerÂlauf der ExÂpeÂdiÂtiÂon sind DötÂterl und seiÂne Co ​Projektleiter trotz alÂler SchwieÂrigÂkeiÂten mit der ExÂpeÂdiÂtiÂon sehr zuÂfrieÂden. »Vor Ort ist fast alÂles wie erÂhofft geÂlauÂfen», freut sich der ProÂjektÂleiÂter. Alle TeilÂnehÂmer:inÂnen seiÂen stark moÂtiÂviert geÂweÂsen, alÂle hätÂten aufÂeinÂanÂder aufÂgeÂpasst und eiÂne sehr guÂte und kolÂleÂgiaÂle ZuÂsamÂmenÂarÂbeit geÂpflegt. «Das ist bei eiÂnem ProÂjekt von dieÂsem SchwieÂrigÂkeitsÂgrad und unÂter den teilÂweiÂse beÂenÂgenÂden BeÂdinÂgunÂgen auf dem Schiff nicht selbstÂverÂständÂlich«, beÂtont DötÂterl.
Bis auf eiÂne StelÂle – die BeÂhörÂden sperrÂten eiÂne SiedÂlung weÂgen eiÂnes streuÂnenÂden EisÂbärs – konnÂten sie in alÂlen UnÂterÂsuÂchungsÂfläÂchen wie geÂwünscht ProÂben hoÂlen, insÂgeÂsamt 1,2 TonÂnen BoÂdenÂmaÂteÂriÂal, das die ForÂschenÂden teils geÂfroÂren nach ZüÂrich verÂschifft haÂben, wo das MaÂteÂriÂal im komÂmenÂden WinÂter im LaÂbor anaÂlyÂsiert wird. DaÂzu komÂmen hunÂderÂte von PflanÂzenÂproÂben und SaÂmenÂmaÂteÂriÂal für ExÂpeÂriÂmenÂte in ZüÂrich soÂwie hunÂderÂte von miÂkroÂbioÂloÂgiÂschen ProÂben.
Um das darÂin entÂhalÂteÂne geÂneÂtiÂsche MaÂteÂriÂal zu konÂserÂvieÂren, mussÂten dieÂse ProÂben im GeÂlänÂde soÂfort einÂgeÂfroÂren werÂden und bei minus 80 Grad CelÂsiÂus in flüsÂsiÂgem StickÂstoff transÂporÂtiert werÂden. Weil daÂfür in der WildÂnis keiÂne ausÂreiÂchenÂde StromÂverÂsorÂgung vorÂhanÂden war, schickÂten die ForÂschenÂden vorÂgänÂgig eiÂnen Tank mit 400 LiÂtern flüsÂsiÂgen StickÂstoff unÂter 4 Bar Druck nach SpitzÂberÂgen. Da der Tank jeÂdoch ein Loch beÂkam und drei WoÂchen in TromÂsö zwiÂschenÂlaÂgerÂte, ehe er auf die InÂsel verÂschifft wurÂde, entÂhielt er nur noch knapp 100 LiÂter. Der Druck war auf ein Bar abÂgeÂsunÂken. »Das ging geÂraÂde noch so auf«, sagt DötÂterl.
Auch mit anÂdeÂren techÂniÂschen HilfsÂmitÂteln war geÂleÂgentÂlich ImÂproÂviÂsaÂtiÂonsÂkunst geÂfragt. EiÂne der drei mitÂgeÂbrachÂten DrohÂnen stürzÂte bei ihÂrem ersÂten EinÂsatz weÂgen eiÂnes SoftÂwareÂfehÂlers ab. Die darÂan inÂstalÂlierÂten KaÂmeÂras waÂren jeÂdoch noch inÂtakt. Um denÂnoch von oben AufÂnahÂmen der UnÂterÂsuÂchungsÂfläÂchen zu maÂchen, monÂtierÂten die ForÂschenÂden die SenÂsoÂren an der SpitÂze eiÂner vier MeÂter lanÂgen MeÂtallÂstanÂge, welÂche sie wie eiÂne FahÂne vor sich her traÂgen mussÂten und so doch noch VeÂgeÂtaÂtiÂonsÂaufÂnahÂmen aus der Luft durchÂfühÂren konnÂten.
LaÂborÂarÂbeit und Trip nach #NordÂnorÂweÂgen
Auf die inÂtenÂsiÂve ersÂte FeldÂsaiÂson folÂgen nun viel LaÂborÂarÂbeit und ein weiÂteÂrer FeldÂarÂbeitsÂeinÂsatz im nächsÂten SomÂmer in NordÂnorÂweÂgen. Dort wird das Team BöÂden, MiÂkroÂorÂgaÂnisÂmen und die PflanÂzenÂökoÂloÂgie in den südÂliÂchen AusÂläuÂfern der nieÂdeÂren arkÂtiÂschen TunÂdra unÂterÂsuÂchen. DieÂser LeÂbensÂraum ist die wärÂmeÂre EntÂspreÂchung der hoÂhen TunÂdra SpitzÂberÂgens.
DaÂnach solÂlen die umÂfangÂreiÂchen DaÂten anaÂlyÂsiert werÂden. Sie bilÂden die GrundÂlaÂge für die UnÂterÂsuÂchung zuÂkünfÂtiÂger bioÂgeoÂcheÂmiÂscher KreisÂläuÂfe in der sich verÂänÂdernÂden ArkÂtis und deÂren UmÂsetÂzung in LandÂoberÂfläÂchenÂmoÂdelÂle. InsÂgeÂsamt soll das ProÂjekt bis 2025 lauÂfen.
Dass dieÂses ProÂjekt trotz all der WidÂrigÂkeiÂten trotzÂdem so gut geÂlauÂfen sei, verÂdankt DötÂterl den drei beÂteiÂligÂten DokÂtoÂranÂdinÂnen SigÂrid Trier KjaÂer, LeÂna BakÂker und JaÂna RütÂhers. »Sie haÂben die ganÂze LoÂgisÂtik und OrÂgaÂniÂsaÂtiÂon auf die BeiÂne geÂstellt und das ProÂjekt daÂmit geÂretÂtet. Das war eiÂne rieÂsiÂge LeisÂtung«, freut sich der BoÂdenÂexÂperÂte.