Der inhabergeführte lokale Einzelhandel wird durch die Onlinekonkurrenz massiv bedroht, und diese Bedrohung nimmt von Jahr zu Jahr weiter zu. Die Gründe sind vielfältig und liegen auf der Hand. Die bisherigen Strategien – sofern es sie überhaupt gibt – funktionieren offensichtlich nicht.
Rainer Schorcht, Sprecher der Gütersloher Einzelhändler im Handelsverband OLW, empfiehlt Einzelhändlern, einen Onlineshop zu eröffnen. Der Endverbraucher wolle beste Qualität, besten Service und das zum besten Preis. Das aber sei online und im Geschäft selten möglich – im Fachgeschäft bekomme er auf jeden Fall gute Qualität, guten Service und auch Sicherheit beim Kauf. Und genau da irrt er, das sind eben die Strategien, die nicht funktionieren.
Der Einzelhandel muss zweifellos auf das Thema »Onlineshopping« reagieren. In einem bisher kaum oder gar nicht diskutierten Aspekt liegt eine große Chance, der lokale Einzelhandel hat den Onlinehändlern nämlich zwei Dinge voraus: Er ist vor Ort präsent, und das gilt auch für seine Produkte.
Die Produkte von Onlinehändlern kann man vor dem Kauf nicht anfassen, begutachten oder gar ausprobieren. Und mit Onlinehändlern kann man nicht von Angesicht zu Angesicht sprechen. Bestenfalls kann man – was in der Regel hoffnungslos ist – dort anrufen oder eine E-Mail schicken, auf die man in der Regel standardisierte Antworten erhält (wenn überhaupt).
Erfolgversprechend ist also folgende Strategie: Der Einzelhandel muss seine vorhandenen Vorteile kultivieren und zusätzlich die Vorteile des Onlinehandels adaptieren. Dann müsste er eigentlich alle Vorteile auf seiner Seite haben. Konkret bedeutet das: Der lokale Einzelhändler muss auch online präsent sein – denn es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass der Großteil der Bevölkerung online einkauft und überhaupt online aktiv ist, sich online informiert, sich online austauscht und so weiter …
Allerdings müssen die vorhandenen Vorteile auch klar definiert werden – und das sind vor allem die Präsenz vor Ort und die direkte Verfügbarkeit der Produkte vor Ort. Bisher genannte Vorteile wie Service, Beratungsqualität oder ähnliche Argumente stimmen längst nicht mehr, ganz im Gegenteil.
Interessanterweise versucht der Onlinehandel genau diese beiden Vorteile des lokalen Einzelhandels für sich zu adaptieren – viele Onlinehändler diskutieren die Einrichtung lokaler Showrooms und Amazon arbeitet schon seit Längerem am Thema »Same-Day-Delivery«.
Letztlich stellt sich also nur noch die Frage nach der Umsetzung. Eigene Onlineshops sind wenig erfolgversprechend. Erfolgversprechend ist vielmehr die Adaption der Vorteile des Onlinehandels. Und dazu gehört nun einmal auch das, was beispielsweise Amazon ausmacht: Eine extrem breites und tiefes Angebot mit einem hervorragenden Service.
Das lässt sich allerdings nicht alleine sondern nur gemeinsam umsetzen – und zwar in Form lokaler Shoppingportale, an denen möglichst viele lokale Anbieter teilnehmen. Gemeinsam lässt sich ein breites und tiefes Angebot abbilden, gemeinsam lässt sich auch ein Service wie die Same-Day-Delivery umsetzen. Gemeinsam lässt sich so etwas auch erfolgversprechend vermarkten.
Natürlich müssen auch die Kommunen ihren Beitrag leisten. In England gab es kürzlich einen interessanten Vorfall: In einer kleinen Stadt wurden von Randalierern sämtliche Parkuhren zerstört und die Stadtverwaltung konnte sich eine Reparatur nicht leisten. Also konnten die Autofahrer dort plötzlich kostenlos parken. Und siehe da: Der Einzelhandel erlebte einen unerwarteten Aufschwung, teilweise wurden Umsatzzuwächse von bis zu 50 Prozent verzeichnet.