Rund 800 Millionen Euro setzt die deutsche Erotikindustrie etwa jährlich um. Das Geschäft mit der nackten Haut boomt. Vor allem online: 12,5 Prozent des gesamten deutschen Internettraffics sollen erotischer Content sein. Damit wäre Deutschland weltweit Spitzenreiter. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. In Zeiten des World Wide Web sind die Voraussetzungen denkbar einfach. Alles was es braucht: ein Mann, eine Frau und eine Kamera – fertig ist der erotische Streifen, der dann online für Jedermann zur Verfügung gestellt wird. Soweit die Theorie.
Immer mehr Darstellerinnen
Die Anzahl der weiblichen Akteure wächst kontinuierlich. Immer mehr Nachwuchs- und Amateur-Darstellerinnen etablieren sich am Markt. Das Gros dreht ihre ersten Filme mit dem eigenen Freund oder Ehemann. Da das bei den Fans aber schnell an Reiz verliert, benötigen Nachwuchsdarstellerinnen stetig neue Drehpartner. Mit zunehmender Professionalisierung rückt der Partner meist ins zweite Glied, kümmert sich um Marketing, Website oder Terminplanung. Die Folge: Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen weiblichen Darstellern und ihren männlichen Pendants. Der deutschen Erotikbranche fehlt es zunehmend an Manneskraft. Eine zentrale Rolle dürften dabei auch die geringeren Verdienstmöglichkeiten für Männer vor der Kamera spielen.
Drehpartner gesucht
Für etablierte Darstellerinnen wie Meli Deluxe macht sich dies deutlich bemerkbar: »Die Terminabsprachen mit männlichen Kollegen werden immer schwieriger. Früher waren spontane Drehs noch möglich. Die professionellen und zuverlässigen Kandidaten sind in der Regel schon verplant«. Auch beim Portal Big7.com spürt man die Vakanz an männlichen Akteuren deutlich. »Bei uns liegt der Prozentsatz der Männer, die vor der Kamera zur Verfügung stehen, aktuell zwischen ein und zwei Prozent. Darum suchen viele unserer Darstellerinnen auch ganz aktiv nach Drehpartnern und rufen unsere User auf, sich bei ihnen zu bewerben«, erklärt Maximilian Peldszus, einer der Betreiber des Portals.
Das Interesse an solchen Aufrufen ist zunächst groß. Diese Erfahrung hat auch Tight-Tini gemacht: »Erst einmal bekomme ich dann ganz viele Nachrichten von Männern, die sich als Drehpartner anbieten«. Wenn es aber konkret um einen Termin für den geplanten Dreh geht, hagelt es wieder genauso viele Absagen. »Das ist besonders ärgerlich, weil für die Planung und Koordination viel Zeit drauf geht und mein Kalender immer wieder über den Haufen geworfen wird«, äußert Tini. In dieselbe Kerbe schlägt auch Meli Deluxe: »Leider mangelt es oft an der Professionalität – was die Planung im Vorfeld angeht und dann auch am Set. Es ist schon ein großer Unterschied, was Mann zuhause macht und was Mann vor der Kamera leisten muss«. Wenn sie mehr Drehpartner zur Verfügung hätte, könnte sie doppelt so viele Filme im Monat produzieren, so Meli.
Was also tun? Maximilian Peldszus sieht in der Erotikindustrie viel Potenzial: »Die Möglichkeiten, selbstständig im Erotikbereich zu arbeiten, waren noch nie so groß wie jetzt. Mittlerweile lassen sich Erotikclips auf einfachste Weise produzieren und über das Internet direkt an den Endverbraucher vertreiben. Vielleicht ist das vielen gar nicht so bewusst«. Um neue Kandidaten zu finden, plant Peldszus mit seinem Portal ein Casting auf der Erotikmesse Venus: »Da können sich interessierte Männer als Darsteller vorstellen und sich mit den Akteurinnen direkt über die Anforderungen des Erotikgeschäfts austauschen«. Erste Kandidaten hätten sich bereits gemeldet. Auch Tight Tini gibt die Hoffnung nicht auf. »Interessierte Männer gibt es ja genug. Und sicher eignen sich auch viele als professionelle Darsteller«, so die Blondine. Meli Deluxe hofft ebenfalls auf ein baldiges Ende der Durststrecke: »Ich könnte mir als Mann eigentlich keinen besseren Job vorstellen«. Die Erotikindustrie würde es sicherlich freuen. Gleiches gilt für die Konsumenten.
Weitere Informationen unter www.big7.com