Fünf Generationen lang hat das Haus in der Hohenzollernstraße Geschichte geschrieben: Eröffnet wurde es 1846 als Café Viertmann, später hieß es Café Ridder, in den 1970er Jahren wurde daraus das Stadt-Café. Eines aber ist das geschichtsträchtige Haus immer geblieben: ein Familienunternehmen.
Der Vater der aktuellen Inhaberin Tanja Kathöfer, Walter Müller, sagt zur Begründung der Namenswechsel: »Immer haben die Mädels weitergemacht.«
Tanja Kathöfer hat nun entschieden, dass definitiv Schluss sein soll. Die gastronomische Landschaft und auch das Konsumverhalten hätten sich geändert: »Der Trend geht mehr zu eiliger Ernährung«, meint sie und verweist auf die zahlreichen Snackangebote zum Mitnehmen, die in den vergangenen Jahren in den Markt gekommen sind.
Der Konditormeisterin ist die Entscheidung zur Schließung nicht leicht gefallen, letztlich hätten aber auch persönliche Gründe dazu geführt. »Seit 2002 arbeite ich regelmäßig 13 Stunden täglich – die Wochenenden inklusive«, sagt sie. Das überdurchschnittliche Engagement beruht auf dem Anspruch, stets eigene, handwerklich gefertigte Produkte anzubieten. Die sind durchaus vielfältig: Neben Kuchen und Torten für das Café gibt es ein umfassendes Außer-Haus-Angebot, handgefertigte Pralinés und einen besonderen Service für Firmenkunden. Darüber hinaus ist das Stadt-Café eine weithin bekannte Adresse für ganz individuelle Auftragsarbeiten wie beispielsweise anlassbezogene Torten oder Petit-Fours, die mit Lebensmittelfarbe aufgedruckte Logos tragen.
Es gab in der Vergangenheit keine Herausforderung, die Tanja Kathöfer wie schon früher ihr Vater nicht umzusetzen wusste: »Der zuckersüße Nachbau der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz im Originalmaßstab beispielsweise, das war eine wirklich spannende Mischung aus Architektur und Rezeptur«, sagt sie – und man merkt ihr an, dass sie Konditormeisterin mit Leidenschaft ist.
Ãœber das Aus zu Ende August freuen sich wohl nur zwei Menschen richtig: die Kathöfer-Söhne Philipp (12) und Maximilian (9). Die erlebten ihre Mutter bislang ganz wesentliche Zeit in der Backstube oder im Ladengeschäft. »Jetzt ist genau der richtige Moment, um mit den Jungs mehr Zeit zu verbringen«, meint deren Mutter.
Vorher gibt es noch jede Menge zu tun: Voller Einsatz bis zum letzten Tag ist versprochen. Ihre vier Mitarbeiter möchte Tanja Kathöfer bei der Suche nach einem neuen Job nach Kräften unterstützen.
Rund 170 Jahre Geschichte haben das Stadt-Café und seine Vorläufer geschrieben - in vier Monaten ist das Haus selbst Geschichte. Vielen Güterslohern werden weiter ungezählte Geschichten einfallen, die sie mit dem Stadt-Café verbinden – bald frei nach dem Motto: »Weißt Du noch...?«