Die neue Bauordnung war das Thema des 17. Architektentreffs im Kreis Gütersloh und damit auch die Frage, was auf die Architekten zukommt. Ergänzt wurde der Vortrag dazu von einem Überblick über die aktuellen Neuerungen im Bauplanungsrecht. In großer Runde trafen sich über 100 Architekten und Behördenvertreter zum Dialog und fachlicher Weiterbildung im Kreishaus Wiedenbrück. Aufgrund der guten Beteiligung mussten Stühle dazu gestellt werden. Bernhard Bußwinkel, Abteilungsleiter Bauen, Wohnen, Immissionen, moderierte die Veranstaltung und referierte zusammen mit Dr. Florian Hartmann, stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar der Architektenkammer NRW. Hartmann hielt einen pointierten Vortrag zu den Aspekten des neuen Verfahrensrechts bis hin zur Barrierefreiheit. Die neue Bauordnung tritt dreistufig in Kraft. Das für die meisten Regelungen entscheidende Datum ist der 28. Dezember. Jedes Freistellungsverfahren, welches dann noch nicht abgeschlossen ist, wird mit diesem Stichtag formal zum »Schwarzbau«. Somit ist dringend angeraten, Anträge schon heute nach dem neuen Baugenehmigungsverfahren zu bearbeiten. Dass mit dem Wegfall des Freistellungsverfahrens Architekt und Bauherr erheblich in ihrer Verantwortung entlastet werden, wertete Hartmann positiv. Auf die Nachfrage, ob damit auch die Versicherungsprämien für die Architektenschaft sinken werden, wusste der Justiziar der Kammer auch nur vorsichtig mit den Schultern zu zucken. Hier musste er als juristischer Interessenvertreter der Anwesenden bestätigen, dass durchaus die Gefahr bestehe, dass durch die ausufernden Kostensteigerungen in der Haftpflichtversicherung, die Architekten und Hebammen irgendwann im gleichen Boot säßen. Ebenfalls als Verbesserung sei anzusehen, dass nunmehr der Vorbescheid wie die Baugenehmigung eine Gültigkeit von drei Jahren aufweist. Gleichzeitig werde aber die Verlängerung von Baugenehmigungen und Vorbescheiden schwieriger, da sie voraussetzt, dass sich die Rechtslage nicht geändert hat. »Für laufende Verfahren gilt daher: Wer bis zum 1. Oktober vollständige und prüffähige Unterlagen einreicht, kann sich darauf berufen, noch nach dem alten Recht eine Genehmigung zu bekommen«, so Hartmann. Leicht unruhig wurde es im Publikum als der Referent der Architektenschaft ihre rechtliche Verpflichtung aufzeigte, prüffähige Unterlagen bei der Bauaufsicht einzureichen. Die anschließende Diskussion zeigte die Schwierigkeiten im Einzelfall und die Spannbreite des Ermessensspielraumes auf. Darum wurde als gemeinsames Ziel ein kooperatives Miteinander von Behörden und Entwurfsverfasserschaft definiert. Was beim Thema Stellplatznachweis auf die Betroffenen zukomme, könne von jeder Kommune selbst entschieden werden, erläuterte Hartmann einen weiteren Aspekt der neuen Bauordnung. Wenn bis zum 1. Januar 2019 keine kommunale Stellplatzsatzung vorliege, entfällt für diese Gemeinde – mit Ausnahme der Behindertenstellplätze – die Stellplatzpflicht. Auch das Thema Barrierefreiheit habe nun einen besonderen Stellenwert – muss aber noch durch eine technische Baubestimmung beziehungsweise durch Regelungen in der Bauprüfverordnung zum Zwecke der Praxistauglichkeit ergänzt werden. Bernhard Bußwinkel schloss an Hartmanns Vortrag an mit dem Thema ‚Allgemeine Besonderheiten bezüglich geänderter Grundregelungen‘. Hierbei sticht besonders die Vereinheitlichung der planungsrechtlichen Vollgeschossdefinition heraus. Es wird nicht mehr zwischen Staffelgeschoss und Dachgeschoss unterschieden. Während es für die Ausbildung von Staffelgeschossen mehr Spielraum gebe, werde die Ausnutzbarkeit von Dachgeschossen leicht eingeschränkt. Eine Reihe von Änderungen im Abstandsflächenrecht sei insbesondere bei der Begünstigung untergeordneter Bauteile eher als marginal anzusehen. So werden Außenaufzug und Erker auch im Sinne der Barrierefreiheit leicht begünstigt. Kleine Zwerchhäuser erhalten seitliche Vergünstigungen. Windkraftanlagen brauchen nunmehr als Abstandfläche nur noch 35 Prozent ihrer Gesamthöhe einhalten. Selbstständige Abstellräume an der Grenze werden auf ein Volumen von 30 Kubikmetern begrenzt. »Eine besondere Hilfe für viele Bauherrn ist die gesetzliche Regelung, dass auf Grenzgaragen nun Dachterrassen möglich werden«, so Bußwinkel. »Aber nur solange sie auf dem Dach drei Meter Abstand zur Grenze einhalten.« Der anschließende sehr kompakte Teil zum Thema Brandschutz erforderte nochmal alle Konzentration der Zuhörer. »Mit dem neuen System der Gebäudeklassen findet Nordrhein-Westfalen endlich Anschluss an die Regelungen der anderen Bundesländer«, sagte Bußwinkel. In Kombination mit der Einführung der Feuerwiderstandsklasse »hochfeuerhemmend« und etlichen Erleichterungen bei den speziellen Bauteilanforderungen, werde ein großer Schritt in Richtung Erleichterung des Holzbaus vollzogen. Auch das System der nun vorzulegenden Bescheinigungen und technischen Nachweise wurde verfeinert. Eine Einschränkung beim Bau von Ein- und Zweifamilienwohnhäusern sei hierbei allerdings die Notwendigkeit einer geprüften Statik. Die Bauaufsichtsbehörden erhalten mit der neuen Bauordnung zudem einen gesetzlichen Handlungsleitfaden für den Umgang mit »Schwarzbauten«. Bußwinkel erläuterte abschließend, welche Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und technischen Baubestimmungen vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW noch zu erarbeiten seien. In Verbindung mit mindestens schon drei festgestellten Überarbeitungsnotwendigkeiten in der neuen Bauordnung und hinsichtlich der Neuorientierung im Regierungsbereich, könne dies bis zum 28. Dezember zu einer Mammutaufgabe heranwachsen. Leichtere Kost war dann wieder der Schlussvortrag von Hartmann zu den Neuerungen im Bauplanungsrecht, der zum geselligen Teil des Abends mit Gespräch und Austausch am Büffet überleitete. Hierbei ging es vom »Urbanen Bauen« bis hin zur Arrondierungsregelung im angrenzenden Außenbereich. Es wurde insbesondere das Spannungsfeld zwischen unbürokratischer Förderung des Bauens und der notwendigen Regulierung von Flächenverbrauchen diskutiert.