Bielefeld (fhb). Hunde- und Katzenbesitzer kennen sie zur Genüge und auch vor Menschen machen sie in vielen Gebieten nicht Halt. Zecken sind mittlerweile in ganz Deutschland verbreitet. Das Problem: Die Tiere können gefährliche Krankheiten wie Borreliose übertragen. Dr. Sissy Lorenz forschte in den vergangenen Jahren an der Fachhochschule (FH) Bielefeld im Rahmen ihrer Promotion daran, wie man Zecken möglichst umweltfreundlich bekämpfen kann. Anstelle von einer großflächigen Verteilung von Pestiziden sollen punktuell ausgebrachte kleine Kapseln die Zecken direkt abtöten.
»Das Mittel in den Kapseln basiert auf rein biologischen Komponenten und soll Zecken zum Beispiel in Gärten, Parks, Grünflächen oder auf Wanderwegen aktiv anlocken und durch physischen Kontakt abtöten«, erklärt Lorenz ihr Projekt. Dieser neuartige Bekämpfungsansatz wird als »Attract-and-Kill« (deutsch »anlocken und töten«) bezeichnet. »Das Problem ist, dass Zecken keine Lauftiere sind. Wir mussten also einen Weg finden, die Zecken zur Kapsel zu bekommen«, so Lorenz. Aus diesem Grund muss die Kapsel den Tieren besonders attraktiv gemacht werden. Der Lockstoff, die »Attract«-Komponente, ist gewöhnliche Bäckerhefe, die durch zugesetzte Nährstoffe Kohlenstoffdioxid freisetzt. »Für die Zecke bedeutet Kohlenstoffdioxid potentielle Nahrung. Gemeinsam mit weiteren neuen Duftstoffen ist das eine für Zecken unwiderstehliche Mischung«, so Lorenz. Die »Kill«-Komponente ist ein neuer zeckenspezifischer Nutzpilz, der natürlich in deutschen Böden vorkommt. Durch den Kontakt mit der Kapsel bleiben Pilzsporen an der Zecke hängen, wachsen in sie hinein und töten sie im Anschluss von innen.
Für ihre Doktorarbeit mit dem Titel »Development of a biological trick control agent based on an innovative attract-and-kill strategy« konnte Lorenz die Wirksamkeit der beiden Komponenten bestätigen. »Eine Formulierung, die beide Komponenten gleichzeitig enthält und im Freiland wirkt, ist jedoch aktuell noch nicht realisierbar«, erklärt sie. »Aber das gehört zur Forschung dazu.« Bei der Promotion handelte es sich um eine Kooperation zwischen der FH und der Universität Bielefeld. An der FH Bielefeld war Lorenz in der Arbeitsgruppe »Fermentation und Formulierung von Zellen und Wirkstoffen« des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik unter der Leitung von Prof. Dr. Anant Patel tätig. An der Universität Bielefeld wurde sie von Prof. Dr. Karl Friehs von der Technischen Fakultät betreut. Ihre Dissertation war zudem Teil des Verbundprojektes »BIOZEC«, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Die Arbeitsgruppe forschte gemeinsam mit den Kooperationspartnern Biocare (Gesellschaft für Biologische Schutzmittel), der Universität Hohenheim und IS Insect Services an dem biologischen Zeckenbekämpfungsmittel.
Dass sich Dr. Sissy Lorenz nicht nur im Labor für ihr Thema interessiert, zeigte sich bereits zu Beginn ihrer Forschung: Beim Deutschland-Finale des Wissenschaftswettbewerbs FameLab erreichte sie im Mai 2016 den zweiten Platz. Der Wettbewerb für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler soll aktuelle Forschungsthemen einem breiten Publikum näherbringen. Dafür müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Projekt innerhalb von drei Minuten erklären. Der Hochschule und der Forschung wird Lorenz aber auch weiterhin treu bleiben. Seit dem 1. November unterstützt sie an der FH Bielefeld am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik den Campus Gütersloh im Programm »Karrierewege FH Professur« als Lehrkraft für besondere Aufgaben und ist zeitgleich als Projektmanagerin für das Wissenschaftsbüro der Stadt Bielefeld tätig.