Gütersloh (seh). Hochaktiv und eine stabile Knochendichte: So sieht der ideale Patient für die von Prof. Dr. Joern Michael mitentwickelte Kurzschaftprothese aus. Der Chefarzt der Klinik für Orthopädie am Sankt-Elisabeth-Hospital implantiert diesen Hüftgelenkersatz seit fünf Jahren erfolgreich mit einer patientenschonenden Operationsmethode. Der Gütersloher Urologe Dr. Andreas Rieks hat sich vertrauensvoll in die Hände des erfahrenen Spezialisten für künstliche Gelenke des zertifizierten Endoprothetikzentrums begeben und freut sich nach der OP schnell wieder aktiv sein zu können.
»Ich hatte Ausfallerscheinungen und die Schmerzen waren nicht mehr auszuhalten«, beschreibt Dr. Andreas Rieks seine Motivation für den Eingriff. Aufgrund des strengen Hygiene- und Schutzkonzeptes im Hospital hat er sich auch während der Pandemie zu jeder Zeit sicher gefühlt. Und: »Während Corona verpasst man nichts«, ist sich Rieks sicher, auch während der danach folgenden, dreiwöchigen Rehabilitation nicht.
Den richtigen Zeitpunkt für einen Gelenkersatz bestimme der Patient, betont Prof. Joern Michael: »Wir operieren nicht das Röntgenbild, sondern gehen immer nach dem persönlichen Befinden.« Werden Dauerschmerzen zur Qual, ist ein aktives Leben mit Sport nicht mehr möglich, dann sei der Faktor »Lebensqualität« ausschlaggebend. Die von ihm mitentwickelte Kurzschaftprothese eignet sich besonders für aktive Patienten, die bereits eine Versorgung benötigen. Durch den kurzen Schaft bleibt viel vom eigenen Knochen erhalten, um dann nach einer so genannten Standdauer von etwa 15 bis 20 Jahren die Möglichkeit zu haben eine Wechseloperation vorzunehmen, bei der eine Langschaftprothese eingesetzt werden kann. »Wir müssen bei der Wahl der passenden Prothese viele Faktoren in den Blick nehmen. Neben den körperlichen Befunden, der Statur und den Lebensgewohnheiten gehören auch die vermutliche Lebensdauer und prognostizierte weitere Operationen dazu«, erklärt der Chefarzt.
Ãœber einen Zeitraum von drei Jahren hat der Orthopäde gemeinsam in einem fünfköpfigen Expertenteam aus Ärzten und Biomechanikern und in Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover an der Entwicklung dieser Kurzschaftprothese gearbeitet. Dabei entstehen keine völlig neuen Kunsthüften. Vielmehr wird an bestehenden Modellen geforscht und nach Lösungen für Schwächen gesucht. Zunächst machte sich das Team jedoch daran die genaue Beanspruchung der einzelnen Knochen im Beckenbereich zu ermitteln. Dazu wird der Oberschenkelknochen digital in mehrere tausend würfelförmige Teilbereiche unterteilt. Dieses Verfahren, nach dem zum Beispiel auch die Statik von Häusern berechnet wird, heißt unter Forschern »Finite-Elemente-Methode« (FEM). Sie ermöglicht es, Verformungen und Spannungen genau zu bestimmen. Für ein neues Prothesenmodell fließen dann alle Ergebnisse aus Biomechanik, Morphometrie, Materialkunde und Statik zusammen, um für Hüftpatienten die Palette von möglichen Ersatzgelenken stetig zu erweitern.
Dr. Andreas Rieks hat eine Operation längere Zeit geschoben. Seine angeborene Hüftgelenksdysplasie und ein durch Fehlbelastung stark abgenutztes, zermürbtes Hüftgelenk schränkten die Lebensqualität des sonst so aktiven Mediziners zuletzt jedoch so stark ein, dass er Kontakt zu Prof. Joern Michael aufnahm. »Ich bin dem Hospital persönlich und beruflich stark verbunden. Man muss keinen OP-Tourismus betreiben, wenn man zu Hause gut versorgt wird«, betont Dr. Rieks, der sich nach der erfolgreichen, minimal-invasiven OP und einem einwöchigem Aufenthalt im Sankt-Elisabeth-Hospital nun in die Reha begibt. »Ich möchte spätestens in drei Monaten wieder in meiner Praxis sein und Ski-Laufen möchte ich weiterhin.« Alles ist laut Prof. Joern Michael wieder möglich. Nur auf die Buckelpiste solle er lieber verzichten.