Manchmal heißt es, insbesondere im Rahmen der Rassismus-Debatte, es käme ausschließlich darauf an, wie etwas Gesagtes ankäme, wie es der Empfänger verstünde. Das ist natürlich Unsinn. Gesagtes kann auch missverstanden werden, das passiert nur allzu oft. Andererseits kommt es natürlich auch nicht nur darauf an, wie etwas gemeint ist. Auch das ist natürlich Unsinn. Vieles ist bewusst gut oder zumindest nicht böse gemeint, unbewusst hingegen schon. Zumal mindestens 80 Prozent der Kommunikation in der Regel nonverbal ablaufen. Und schätzungsweise 90 bis 95 Prozent des Denkens unbewusst stattfinden. Das ist das Teuflische beim Thema »Rassismus«, und nicht nur dort. Das Zauberwort lautet »Achtsamkeit«. Man sollte darauf achten, was man sagt – aber auch darauf, was man versteht. Die Wahrheit liegt somit nicht in der Mitte. Die Wahrheit ist, dass es auf beides ankommt. Und es gibt auch die »Selbstoffenbarung« in der Kommunikation. Überhaupt gibt es immer mehrere Ebenen in der Kommunikation: Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell. Leider ist es so, dass vermeintliche Missverständnisse oft gar keine sind. Was aber den Leuten manchmal gar nicht bewusst ist. Beliebte Missverständnisse sind zum Beispiel das, dass Gesagtes auf Personen, auch auf die eigene, bezogen wird. So fühlen sich beispielsweise Schlagerfans in der Regel persönlich angegriffen, wenn man sagt, was von Schlagermusik zu halten ist. Das ist leicht erklärbar. Schlagermusik ist Teil ihres Egos. Auf der anderen Seite fühlen sich viele durch Lob an einer Sache nur zu gerne gebauchpinselt. Auch das ist problematisch. »Positive Thinking«, »Positives Denken« ist in vielerlei Hinsicht hochproblematisch. Ebenso wie »Negatives Denken«. Wobei man Kritizismus nicht mit Negativismus verwechseln darf, was aber nur allzu oft geschieht. Auch beliebt ist überzogene vermeintliche Negativismuskritik, die sich im Grunde genommen selbst kritisiert. Man kommuniziert immer auch mit sich selbst. Nicht umsonst sagt Byron Katie: »Du und ich sind Spiegel füreinander«. Jemandem wird vorgeworfen, immer (!) alles (!) nur negativ zu sehen, selbst wenn er im selben Satz auch etwas positiv sieht. Davon abgesehen, dass solche absolutistischen Vorwürfe prinzipiell unsinnig sind, tun diejenigen, die anderen so etwas vorwerfen, genau das, was sie ihm vorwerfen, damit selbst. Sie sehen nur das Negative an seiner Aussage. Negativismusvorwürfe kommen in der Regel von Negativisten selbst. Negatives ist unbeliebt. Obwohl es wichtig ist. Der umgekehrte Fall, der Vorwurf des Positivismus, ist sehr selten. Positives ist beliebt. Aber er wäre oft berechtigt und Positivismus ist unter Umständen hochproblematisch und gefährlich. Kritizismus ist wichtig – so funktionieren Wissenschaft, Journalismus und Philosophie. Positivismus ist naiv, nicht nachhaltig und nicht zielführend. Was natürlich nicht heißt, dass man nichts gut finden sollte. Ganz im Gegenteil. Und niemand tut das. Aber man sollte eben nicht pauschal alles gut finden. Optimisten haben keine Rettungsboote erfunden. Optimisten haben gesagt: »Ach, dieser Hitler! Damit kommt er doch niemals durch!«. Alles hat seine Zeit. Das steht schon in der Bibel. Es gilt der alte Spruch: Die Leute lassen sich lieber zu Tode loben, als durch Kritik retten. So funktioniert beispielsweise Instagram. Es gibt dazu einen schönen Witz: Der Pessimist sieht das Dunkle im Tunnel. Der Optimist sieht das Licht am Ende des Tunnels. Der Realist sieht, dass das Licht von einem Zug kommt. Der Lokführer sieht hingegen drei Idioten auf den Gleisen … :-D Und Kant sagte: »So viel ist gewiss: Wer einmal Kritik (der reinen Vernunft) gekostet hat, den ekelt auf immer alles dogmatische Gewäsch, womit er vorher aus Not vorlieb nahm, weil seine Vernunft etwas bedurfte und nichts besseres zu ihrer Unterhaltung finden konnte.« Gabriele Krone-Schmalz sagte, es sei die ureigenste Aufgabe von Journalisten, alles zu hinterfragen, erst einmal nichts zu glauben. So funktioniert auch Wissenschaft. Und Philosophie.