Bielefeld (fhb). Für Janna Beckoschanow war ein Studium an einer Hochschule wie der Fachhochschule (FH) Bielefeld keine Selbstverständlichkeit. Als Vierjährige migrierte die gebürtige Kasachin mit ihrer Familie nach Deutschland, in den Kreis Gütersloh. Die anfangs fehlenden Sprachkenntnisse und die fremde Umgebung erschwerten ihr das Einleben vor allem während ihrer Kindergartenzeit immens. Dennoch erklomm die mittlerweile 24-Jährige stufenweise die Bildungsleiter: Grundschule, Realschule, Gymnasium, Abitur - Beckoschanow nahm jede Hürde. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr in einer Kita und einem Au-Pair-Jahr in England entschied sich Janna Beckoschanow für ein Studium der sozialen Arbeit an der FH Bielefeld. Mittlerweile ist sie im fünften Semester.
Sozioökonomischer Hintergrund muss nicht entscheidend sein
Kein leichter Weg, wie die Studentin rückblickend schildert: »Als Kind musste ich früh selbstständig werden und Verantwortung in der Familie übernehmen. Meine Eltern sprachen nur wenig Deutsch. Mein eigenes Potential konnte ich nur langsam entfalten. Ich war die Erste aus dem Kreis der Verwandten, die eine akademische Laufbahn einschlagen wollte. Meine Familie unterstützt mich zwar, aber als Arbeiterkind kann ich nicht von den Erfahrungen und dem Wissen meiner Eltern profitieren.«
Nichtsdestotrotz überwand die 24-Jährige mit viel Ehrgeiz nach und nach jedes Hindernis. Mittlerweile ist sie in ihrem Studium an der FH Bielefeld wirklich »angekommen«: Sie erzielt Spitzennoten, engagiert sich als Tutorin, bietet Sprechstunden rund um die Studienorganisation an und ist Mitglied des Fachbereichsrats. »Ich wollte sowohl mir als auch der Gesellschaft beweisen, dass der sozioökonomische Hintergrund den eigenen Werdegang nicht bestimmen muss. Durch viel Arbeit, Eigeninitiative und Beharrlichkeit kann man auch scheinbar unmögliche Ziele erreichen«, fasst Beckoschanow ihre Erfahrung zusammen.
Mit dem Studiengang der sozialen Arbeit an der FH Bielefeld hat die 24-Jährige zudem den für sie perfekten Studiengang gefunden: »Die thematische Vielfalt des Studiengangs hat mich von Anfang an begeistert. Die Module verbinden Inhalte verschiedener Disziplinen, sind aber dennoch themen-, berufsfeld- oder problembezogen. Durch zwei Praxisphasen, die wir während des Studiums durchlaufen, kommt es zu einer spannenden Verzahnung von Theorie und Praxis«, so die Studentin. Die beiden Praxisphasen können die Studierenden zum Beispiel in der Schulsozialarbeit, Eingliederungshilfe oder in der offenen Kinder- und Jugendarbeit durchführen.
Finanzielle und ideelle Förderung durch Stiftung Studienfonds OWL
Die Begeisterung für ihr Studium hat sich im wahrsten Sinne des Wortes ausgezahlt: Seit dem vergangenen Semester erhält Janna Beckoschanow das Stipendium der Stiftung Studienfonds OWL, eines deutschlandweit einmaligen Kooperationsprojektes der fünf Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in Ostwestfalen-Lippe. Jedes Deutschlandstipendium wird monatlich zur einen Hälfte mit 150 Euro durch Mittel des Bundes und zur anderen Hälfte durch lokale Förderinnen und Förderer finanziert. Diesen lokalen Anteil wirbt die Stiftung Studienfonds OWL ein. Insgesamt erhalten die Stipendiatinnen und Stipendiaten 3.600 Euro pro Jahr.
»Das Ziel der Stiftung ist es, Studierende in Ostwestfalen-Lippe nachhaltig sowohl materiell als auch ideell zu fördern, ein Netzwerk zwischen Förderern und Geförderten aufzubauen und dadurch den Hochschul- und Wirtschaftsstandort OWL langfristig zu stärken“, erklärt die stellvertretende Geschäftsführerin Julia Kralemann«â€œ Auch während der Corona-Pandemie findet die ideelle Förderung auf vielfältige Weise statt, aktuell natürlich in digitaler Form.
»Besonders gut gefällt mir die ideelle Förderung – zum Beispiel in Form von Unternehmensbesichtigungen oder Workshops«, so Janna Beckoschanow. »Da das Angebot thematisch sehr breit gefächert ist, kann ich mich beruflich und persönlich in Bereichen weiterbilden, die nicht Teil meines Studiums sind. Hinzu kommt der spannende Wissensaustausch zwischen uns Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Förderern. Das schafft ein gutes Netzwerk an neuen Kontakten.«
Durch das Hobby zum Stipendium
Die Idee, sich für ein Deutschlandstipendium zu bewerben, erhielt die Studentin im Rahmen eines Studienseminars: „Da ich als Kind schon immer sehr gerne gebastelt und gemalt habe und die künstlerisch-kreative Arbeit bis heute ein großes Hobby von mir ist, belegte ich vergangenes Jahr ein Kunstseminar. Dabei sollten wir von Kindern gemalte Bilder mit anderen Materialien wiedergeben“, so Beckoschanow. Während dieses Seminars machte die Seminarleiterin Prof. Susanne Ring die junge Studierende auf das Deutschlandstipendium aufmerksam. „Janna Beckoschanow ist mir durch ihre Leistung, ihre Kreativität und ihr Interesse, Neues zu lernen, aufgefallen. Dieses Engagement, aber auch ihre Lebensgeschichte sind überaus beeindruckend und sollten nicht unbemerkt bleiben. Deshalb habe ich ihr eine Bewerbung für das Deutschlandstipendium ans Herz gelegt“, erläutert die Professorin für Kunst und Ästhetik in pädagogischen und sozialen Handlungsfeldern. Eine Empfehlung, die die Studentin umsetzte und auf diese Weise eine weitere akademische Stufe erklomm.