Der ehemalige Rektor konnte auf eine erfolgreiche Karriere als Wissenschaftler und Hochschulmanager zurückblicken – die FH verdankt ihm unter anderem den Ausbau des Fächerangebots und große Erfolge in der Drittmitteleinwerbung.
Wenige Tage nach seinem 84. Geburtstag verstarb am vergangenen Mittwoch der ehemalige Rektor der Fachhochschule Bielefeld Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Heinrich Ostholt. »Wir trauern um einen überaus verdienten Kollegen und angesehenen Chef“, so Prof. Dr. Schramm-Wölk, Präsidentin der FH Bielefeld. „Die Hochschule hat ihm auf zahlreichen Gebieten enorm viel zu verdanken. Alle Menschen, die Prof. Ostholt hier erlebt haben, sprechen immer wieder mit Hochachtung von ihm und seinen Leistungen. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen. Heinrich Ostholt war ein Ideengeber und Pionier. Wir werden sein Andenken in der Hochschule in Ehren halten.«
Rektor von 1993 bis 2001
Der Physiker Ostholt war seit 1971, dem Gründungsjahr der FH Bielefeld, an der Hochschule beschäftigt. Zunächst als ordentlicher Professor, ab 1976 als Prodekan des Fachbereichs Maschinenbau, von 1980 bis 1984 ebenda als Dekan. Ab 1984 rückte Ostholt in das Rektorat der Fachhochschule auf, das heutige Präsidium. Neun Jahre lang versah er hier seine Aufgabe als Prorektor für Forschung. Ab 1993 stand er als Rektor für zwei Legislaturperioden an die Spitze der Hochschule. 2002 erreichte er die Altersgrenze und ging in Pension.
Experte für Schall und Schwingungen
Ostholt promovierte 1969 zum Thema »Untersuchungen über Gitterfehler in plastisch verformtem Kupfer und Gold mittels Thermokraft und elektrischem Widerstand«. Er war Verfasser von zwei Werken zu intraokularer Optik und befasste sich als Wissenschaftler insbesondere mit Akustik und Schwingungsmesstechnik. Als langjähriges Mitglied der Ständigen Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) engagierte sich der »Experte für Schall und Schwingungen« (»Westfalen-Blatt«) dafür, die Rahmenbedingungen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verbessern.
Pionier beim Einwerben von Drittmitteln
Überdies verdankt ihm die Fachhochschule unter anderem die Neugestaltung der ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge und die erfolgreiche Erweiterung des Fächerspektrums. Ein weiteres Feld, auf dem Ostholt Pionierarbeit leistete, war das Einwerben von Drittmitteln: Ihm gelang es als Erstem EU-Mittel für die Forschung an der FH zu akquirieren – da Fachhochschulen anders als Universitäten keine eigenständige Grundfinanzierung für Forschung haben, ein Meilenstein in der Entwicklung der Hochschule. Auch beim Aufbau von erfolgreichen Kooperationen mit Unternehmen aus der Region und darüber hinaus war Ostholt erfolgreich und initiierte Projekte mit Firmen von Weltruf wie Claas und Porsche. 1997 verlieh ihm die De Montfort University Leicester für seine Verdienste um die internationale Hochschulzusammenarbeit die Ehrendoktorwürde.
Mathematisches und naturwissenschaftliches Talent
Ostholt entstammte einer alteingesessenen Bauernfamilie aus Füchtorf bei Warendorf. Ihm schien zunächst ein Berufsweg als Landwirt vorgegeben zu sein. Doch sein Vater – die Mutter war früh verstorben – förderte sein mathematisches und naturwissenschaftliches Talent. Nach Volksschule und Bauernhof-Lehrzeit besuchte er die Landbauschule Hildesheim, legte am Braunschweig-Kolleg sein Abitur ab und studierte Physik in Münster und Marburg. Erste berufliche Stationen folgten als wissenschaftlicher Assistent, unter anderem am Rechenzentrum Münster. Von dort schließlich berief man ihn 1971 an die neu gegründete Fachhochschule Bielefeld.
Aktiv berufstätig bis zuletzt
Prof. Ostholt war bis zuletzt ein aktiver, dem Leben zugewandter, berufstätiger Mensch, der das Geschehen an der FH auch nach seinem Ausscheiden immer mit großem Interesse begleitete. Noch 2016 gründete er mit einem Investorenteam die Gütersloher Firma CAE Software und Systems, die sich auf die Entwicklung von Akustik- und Schwingungsmesssystemen spezialisierte und der FH durch das praxisintegrierte Studium und Forschungskooperationen eng verbunden ist. Eines seiner in jüngerer Vergangenheit kultivierten »Hobbys« war die Geschichtswissenschaft mit besonderem Fokus auf die Ahnenforschung. Produkt dieser Leidenschaft ist unter anderen ein 1.700 Seiten starkes Buch über die 180 Höfe der Bauerschaft Füchtorf.
»Forschung als Dienstaufgabe«
In der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der FH Bielefeld, die am 23. September dieses Jahres erscheinen wird, schrieb der ehemalige FH-Rektor voller Stolz, dass Forschung »heute rechtlich zweifelsfrei Dienstaufgabe der Fachhochschulen« sei und dass »die technische, wirtschaftliche, soziale und künstlerische Praxis, wie sie in der Arbeits- und Berufswelt der Industrienationen auftritt«, im Konzept der Fachhochschulen eine ebenso zentrale Rolle spiele wie die Forschung. Zu beidem hat Heinrich Ostholt an der FH und in den HRK-Gremien einen unverzichtbaren Beitrag geleistet.