Berlin (ots) Der aktuelle UN-Bericht zum Stand der Ernährungssicherheit auf der Welt zeigt einen dramatischen Anstieg des Hungers: Bis zu 811 Millionen Menschen weltweit hungern, das sind 161 Millionen mehr als 2019. Die Teams von der humanitären und entwicklungspolitischen Organisation Aktion gegen den Hunger sind in rund 50 Ländern weltweit tätig und bezeugen, dass sich die Ernährungssituation auch in Folge der Corona-Pandemie massiv verschlechtert hat.
»Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um Nahrungsmittelkrisen zu verhindern, die Ernährungssituation weltweit zu verbessern und die Zahl der Hungernden einzudämmen«, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer der »Aktion gegen den Hunger«, zu dem heute veröffentlichten FAO-Bericht »The State of Security« und »Nutrition in the World«.
Bereits seit 2014 steigt die Zahl der Hungernden weltweit. Im Corona-Jahr 2020 ist die Anzahl nahezu explodiert und hat stärker zugenommen als in den gesamten letzten fünf Jahren. Die aktuellen Zahlen des UN-Berichts verdeutlichen: Bis zu 811 Millionen Menschen weltweit hungern, das sind 161 Millionen mehr als 2019. Drei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer gesunden Ernährung, meist aus wirtschaftlichen Gründen. Etwa 660 Millionen Menschen könnten im Jahr 2030 an Hunger leiden, davon 30 Millionen aufgrund der Folgen von COVID-19, obwohl sich die Weltgemeinschaft mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen vorgenommen hat, bis 2030 den Hunger beenden.
Darüber hinaus sind Konflikte eine der Hauptursachen für Unterernährung und Hunger. So werden beispielsweise Burkina Faso, Jemen, Nigeria, Südsudan und Äthiopien von den Vereinten Nationen als besonders gefährdete Länder eingestuft. Die Rechte der dort lebenden Bevölkerung werden regelmäßig verletzt. Aktion gegen den Hunger erinnert daran, dass der Zugang der Bevölkerung zu humanitärer Hilfe gewährleistet werden muss. Humanitäre Organisationen dürfen nicht behindert werden, Hilfe zu leisten.
Aktion gegen den Hunger ist in rund 50 Ländern und Regionen aktiv und ist unmittelbar mit den Folgen der Corona-Pandemie auf die Lebensmittelsysteme und die Ernährungssituation konfrontiert. Die notwendigen Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie haben zu massiven Ernte- und Einkommensverlusten geführt und Millionen Menschen in eine prekäre Situation gestürzt. COVID-19 hat gezeigt, wie volatil unsere Ernährungssysteme sind und wie notwendig ein Umdenken ist.
»Neben der akuten Nothilfe, müssen wir dringend die Faktoren angehen, die zu Ernährungsunsicherheit führen. Dazu gehören der Klimawandel, Konflikte und ökonomische Ungleichheiten. Gleichzeitig sind die Lehren, die wir aus dieser Pandemie gezogen haben, klar: Agrarökologie, eine bäuerliche Landwirtschaft und lokale Nahrungsmittelsysteme müssen im Zentrum einer nachhaltigen und gerechten Transformation stehen«, erklärt Friedrich-Rust.
Im September 2021 findet der erste UN-Gipfel für Ernährungssysteme statt. Obwohl die bedeutende Rolle einer bäuerlichen Agrarökologie bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen unbestritten ist, fokussieren die Organisatoren des Gipfels fast ausschließlich auf eine "Hightech"-Landwirtschaft. Diese Art der Landwirtschaft berücksichtigt weder den Schutz von Klima, Umwelt oder Bevölkerung, noch fördert sie technische Lösungen, die an den kleinen Produzenten orientiert sind.
Politische Entscheidungen auf internationaler Ebene sind ausschlaggebend für die Zukunft der Landwirtschaft und des globalen Ernährungssystems. Aktion gegen den Hunger fordert ein radikales globales Umdenken zugunsten einer fairen bäuerlichen Agrarökologie. Es ist wichtig, dass die Staaten jetzt grundlegende Änderungen vornehmen, die der Situation angemessen sind, und aufhören vor der Agroindustrie und den riesigen Konzernen klein beizugeben.