Essen (ots) Angesichts der Gefahr, dass viele der von der Flut schwer getroffenen Orte künftig erneut in Hochwassergefahr geraten könnten, entwickelt sich eine Diskussion über den Sinn des Wiederaufbaus. »Es kann durchaus möglich sein, dass in Zukunft in bestimmten Lagen keine Baugebiete mehr neu ausgewiesen werden können, weil eine aktuelle Gefährdungseinschätzung besondere Gefahren feststellt«, sagte Thomas Kufen (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Städtetages Nordrhein-Westfalen und Oberbürgermeister von Essen, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Donnerstagsausgaben). »Es könnten beispielsweise auch mehr Ãœberflutungsflächen gebraucht werden, die nicht bebaut werden dürfen. Die jetzt betroffenen Ortschaften werden dann anders aussehen als vor der Ãœberflutung«, so Kufen.
Der Landschaftsplaner Prof. Dietwald Gruehn von der TU Dortmund fordert Konsequenzen für Neubaugebiete: »Sie können eine Schwachstelle im System darstellen, vor allem dann, wenn sie in nicht geeigneten Lagen, zum Beispiel überschwemmungsgefährdeten Gebieten ausgewiesen werden.« Künftige Baugebiete sollten nur noch auf geeigneten Standorten entstehen. Und sie müssten – nach dem Prinzip einer Schwammstadt – Wasser durchlassen und speichern können.
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) stellt die kritische Infrastruktur auf den Prüfstand: »Es sind Ortschaften betroffen, die seit Jahrhunderten diese Lage am Wasser haben«, sagte sie der WAZ. »Wir werden uns mit den Städten und Gemeinden insbesondere die Lage der kritischen Infrastruktur – Rathäuser, Feuerwehren, Rettungsdienste, Polizei, Stromversorgung – beim Wiederaufbau ansehen«, so die Ministerin. Hier könne es sinnvoll sein, zu Veränderungen zu kommen. »Das bedeutet aber, dass wir endlich ein schnelleres Planungsrecht über den Bund brauchen.«
Beim Hochwasserschutz gebe es grundsätzlich drei Möglichkeiten, erklärte Christian Albert, Professor für Umweltanalyse und -planung an der Ruhr-Uni Bochum. Den Schutz verbessern – etwa durch Deiche oder Flutmauern, die Siedlungsstruktur anpassungsfähig gegenüber Hochwasser gestalten, oder auch bestimmte Gebiete nicht erneut zu bebauen. Die »goldene Lösung« gebe es dabei allerdings nicht, je nach Lage und Ort müsse geprüft werden, welche technischen und auch naturbasierten Maßnahmen sinnvoll und umsetzbar sind, sagte Albert gegenüber der WAZ.