München (ots)
Die geplanten Themen …
»Pegasus« und der digitale Angriff auf die Freiheit
Als im Herbst 2017 dutzende Journalisten und Menschrechtsaktivisten in Saudi-Arabien verhaftet wurden, ahnte niemand, dass die Spyware »Pegasus« damit zu tun haben könnte. Saudi-Arabien hatte die Spyware im Sommer 2017 für 55 Millionen Dollar vom israelischen Unternehmen NSO-Group gekauft. Auch die Kontakte des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi wurden damit ausspioniert. So zeigen die Recherchen der Agentur »Forensic Architecture« in der Ausstellung »Investigative Commons« im Berliner Haus der Kulturen der Welt. Wie Überwachung mittels Cyberwaffen als weltweite Bedrohung eingesetzt wird, zeigt auch die amerikanische Filmemacherin Laura Poitras dieser Tage im Neuen Berliner Kunstverein unter dem Titel »Circles«.
Autorin: Hilka Sinning
Leïla Slimanis neuer Roman: »Das Land der Anderen«
Jeder ihrer Romane ist wie eine Detonation. Leïla Slïmani, Franko-Marokkanerin, 39 Jahre alt. Rein äußerlich eine zarte Person, doch mit dem Talent, gewichtige Themen aufwühlend zu erzählen. Ihre verstörend dunklen Geschichten sorgen in Frankreich regelmäßig für Aufsehen.
2016 gewann sie den renommiertesten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt, für ihren Roman »Dann schlaf auch du« für eine geradezu unerträgliche Geschichte: Ein junges Pariser Paar vertraut seine beiden Kleinkinder einer Nanny an. Der Roman beginnt mit dem Satz »Das Baby ist tot«.
Nun hat sie ihr bisher persönlichstes Buch geschrieben: »Das Land der Anderen« ist inspiriert von der Geschichte ihrer elsässischen Großmutter, die sich 1944 in einen marokkanischen Besatzungssoldaten verliebt und mit ihm nach Meknès auswandert. Marokko, damals französisches Protektorat, ist unterteilt in eine koloniale Zweiklassengesellschaft und das junge Paar gehört weder zu den Kolonisatoren noch zu den Kolonisierten. Slimani erzählt, wie kolonialistische Denkmuster bis ins Private hineinwirken, wie der elsässischen Auswanderin kalte Ausgrenzung entgegenschlägt, wie sie als Frau in der maghrebinischen Gesellschaft der 1950er-Jahre als Fremde abgewiesen wird. »Das Land der Anderen« ist ein Roman über doppelte Identität und das Gefühl, nirgends dazu zu gehören. »Wir sind wie dein Baum, halb Zitrone, halb Orange. Wir gehören zu keiner Seite.«
Autorin: Brigitte Kleine
Franka Potentes erster Langfilm »Home« kommt ins Kino
Franka Potente wurde nach ihrem Welterfolg »Lola rennt« zum deutschen Star in Hollywood. Jetzt kommt ihr erster langer Spielfilm ins Kino, zu dem sie auch das Drehbuch geschrieben hat: »Home« ist eine raue, tief berührende Mutter-Sohn-Geschichte aus der amerikanischen Provinz, prominent besetzt mit Oscar-Preisträgerin Kathy Bates und US Army-Veteran Jake McLaughlin. Marvin kommt nach siebzehn Jahren aus dem Gefängnis zurück in die Kleinstadt, um seine sterbenskranke Mutter zu pflegen - doch die Leute daheim können ihm nicht verzeihen. Eine Schuld und Sühne Geschichte im abgehängten Teil der USA.
Im »ttt«-Interview spricht Franka Potente über ihre Erinnerungen an die Kleinstadt- und Dorf-Atmosphäre ihrer Kindheit. Düsternis und Stagnation, die sie dort erlebte, sind in ihren Film eingeflossen. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Los Angeles und verbindet das Beste aus beiden Welten: Für »Home« arbeitete sie mit einem deutschen Team und europäischen Produktionsfirmen.
Autorinnen: Sabine Jainski, Melanie Hillmann
Tamara Danz – eine Erinnerung an die populärste Rocksängerin der DDR
Jim Rakete, Fotograf und Musikproduzent aus Westberlin und damals Manager von Nena, bekam Mitte der achtziger Jahre eine Tonbandkassette zugespielt. »Silly« hieß die Band, die er selbstverständlich nicht kannte und sich für Ostrockmusik auch nicht interessierte. Er hörte den Song »Mont Klamott« auf dieser Kassette. Der erzählt vom Trümmerberg Mont Klamott in Berlin und vom Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg - und das in einem Rocksong auf Deutsch gesungen und mit der Stimme von Tamara Danz. Jim Rakete war vom Donner gerührt: »Diese Band hat sich ein Pathos getraut und eine Art von Erzählung, wie wir das im Westen nie gemacht hätten«, erzählt er noch heute sichtlich beeindruckt. Die LP »Mont Klamott« wird für die Band »Silly« und ihre Frontfrau Tamara Danz der Durchbruch.
Sie, Tamara Danz, stimmgewaltig, Ausnahmetalent, eigensinnig, so die knappe Zusammenfassung der Presse von einst, singt keine Herzschmerz-Rockballaden, bei ihr geht es immer um etwas: »So ne kleine Frau/Und so ne Gier nach Glück/Vom Zigarettenholen/Kam kaum n Kerl zurück«. Vor fünfundzwanzig Jahren ist die populärste Sängerin einer DDR-Rockband mit gerade einmal 43 Jahren gestorben.
Autor: Hans Michael Marten
Moderation: Max Moor
»ttt – titel thesen temperamente« ist am Sendetag ab 20 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar.
Im Internet unter www.DasErste.de/ttt …
Redaktion: Jens-Uwe Korsowsky und Matthias Morgenthaler (MDR)
Kommentar
Früher war »ttt« mal Avantgarde und hat den Zeitgeist geprägt. Heute rennt sie ihm hinterher. Allein schon die manierierte Kleinschreibung im Titel spricht Bände.