Gütersloh (gpr). Dem einen zu viel, der anderen zu wenig: Wie oft soll man Wiesenflächen mähen, um Artenvielfalt zu schaffen und zu erhalten? Oder am besten überhaupt nicht? Klare Antwort vom Fachmann: »Wiesen müssen gemäht werden, damit die Vielfalt erhalten bleibt«, sagt Dirk Buddenberg, Leiter des städtischen Fachbereichs Grünflächen. Die Mahd, die Aufnahme und die Entsorgung des Mähguts sichern die »so genannte Abmagerung« der Wiesenflächen, indem sie dafür sorgt, dass sich eine bunte Fülle von Pflanzen entfalten kann. Dort wo komplett auf das Mähen verzichtet wird, setzen sich einzelne Pflanzengruppen durch und verdrängen andere – im Fachdeutsch heißt das »Verbuschung« – Vielfalt adé.
Buddenberg weist unter anderem explizit darauf hin, weil ihn und seine Kollegen immer wieder Nachfragen erreichen, warum man die »schönen wilden Wiesen« nicht einfach wachsen lassen könne. Die Mahd mache doch immer wieder alles kaputt. Das Gegenteil ist der Fall, da kann der Gütersloher Grünflächen-Fachmann getrost auch auf die Kollegen in der Alpenregion verweisen, wo die teilweise als Weltnaturerbe eingestuften Wiesen ebenfalls bis zu dreimal jährlich gemäht werden. In Gütersloh ist die Fläche an der Siedlung Krullsbachaue in Isselhorst ein gelungenes Beispiel dafür, wie gut die »sanfte Pflege« der Wiese tut: gemeine Schafgarbe, Echte Kamille, Wiesen-Flockenblume wilde Möhre oder Wiesensalbei sorgen hier unter anderem für ein buntes Bild und einen abwechslungsreichen Speiseplan für Insekten. Insgesamt rund 150 Hektar extensive Rasen- und Wiesenblächen unterhält die Stadt auf diese Weise, dazu gehört auch »traditionelles« Grün wie zwischen Dalke und der Siedlung »Auf dem Knüll« oder neu angelegte wie im Neubaugebiet »Auf dem Stempel«.
Das ist aber auch das Ergebnis einer Entwicklung und eines Bewusstseinswandels. Seit 2019 hat der Fachbereich Grünflächen sein Mahdkonzept auf geeigneten innerstädtischen Wiesenflächen in Grrünanlagen und im Verkehrsgrün auf ökologische Pflege umgestellt (insgesamt 15 000 Quadratmeter). Aber das ist nur ein Teil des Konzepts zur Schaffung »extensiver Wiesenflächen im öffentlichen Stadtgrün als Beitrag zur Artenvielfalt und Biodiversität«, das der Umweltausschuss seinerzeit beschlossen hat. Es sieht eine sukzessive Erweiterung dieser Flächen ebenso vor wie die Anpassung der Mähtechnik und die Schulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, es setzt auf teilweise »Initialpflanzung« von Wildstauden auf geeigneten Flächen und bei der Neuanlage von Wiesenflächen auf so genanntes »gebietsheimisches« Saatgut. Vor allem aber gilt: die Flächen sollen sich durch natürliche Pflanzengesellschaften entwickeln, Prinzip: »Es soll wachsen, was an der jeweiligen Stelle gut wächst«, fasst Dirk Buddenberg zusammen.
Dazu gehört eben auch die Umstellung auf ein reduziertes Pflege- und Mähkonzept. Ein bis zweimal im Jahr, ist der hauptsächlich gesetzte Intervall. Dabei wird der Termin möglichst auf die Blühzeiten der Pflanzen und das Verhalten der Insekten abgestimmt, und – auch das gehört dazu – an einigen Stellen werden Teilbereiche als Rückzugsorte auch stehengelassen. Voraussichtlich im September steht die nächste Mahd in der Krullsbachaue an. Dann sind die Wiesenpflanzen weitestgehend abgeblüht, und die Insekten haben fleißig Vorsorge für die weitere bunte Vielfalt im nächsten Jahr betrieben.