Noch zu Anfang des Jahres hatte sich lange Schlangen vor den Testzentren gebildet, jetzt werden sie kaum noch genutzt: Deutschland hat Milliarden in die rund 15.000 Testzentren investiert. Ab demHerbst müssen sich Ungeimpfte nun wieder auf eigene Kosten testen lassen.
Die Betreiber der Teszentren, darunter illustre Firmen wie »MediCan« oder »NK Medical Services«, befürchten, dass nun viele Menschen die Kosten scheuen werden und Teststellen um ihr Ãœberleben kämpfen werden müssen. Abhängig sei das vor allem vom Preis.
Sind diese Testzentren die wahren Opfer der Pandemie? Bei denen zum Teil arrivierte Mediziner mit teurem Fachpersonal und waghalsigen Investitionen (Pagodenzelt, Klapptische, Werbebanner) Testzentren aufgebaut haben.
Ab dem 11. Oktober 2021 müssen Ungeimpfte nach der aktuellen Regelun etwaige Schnelltests selbst bezahlen, wenn sie ab einer Inzidenz mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner ins Restaurant, Fitnessstudio oder zum Friseur gehen wollen. Bereits im Frühjahr gab es eine ähnliche Situation, als die Zugänge zum öffentlichen Leben nach dem Winter-Lockdown größtenteils nur mit Vorweisen eines negativen Tests möglich waren – und als deshalb dann deutschlandweit tausende Schnelltestzentren aufgebaut wurden.
Bürgertests: fast vier Milliarden Euro Kosten
Noch im April zählte die Kassenärztliche Bundesvereinigung in ganz Deutschland rund 15.000 Schnelltestzentren. In den vergangenen Wochen sind es bereits weniger geworden und eine weitere Abnahme ist zu erwarten. Die Bürgertests haben in diesem Jahr bereits mehr als 3,7 Milliarden Euro gekostet, wie aus einer Aufstellung des Bundesamts für Soziale Sicherung hervorgeht.
Aktuell sind Tests dank der relativ niedrigen Inzidenzen fast nur noch zum Reisen nötig. Außerdem sind 55,6 Prozent der Bevölkerung bereits vollständig geimpft und brauchen deshalb keinen Testnachweis mehr. Deshalb sinkt derzeit die Nachfrage an den Testzentren. Gratis sollen die Schnelltests nur noch für Menschen sein, die sich aus gesundheitlichen oder tatsächlichen Gründen nicht impfen lassen können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt, wie beispielsweise Schwangere und Minderjährige.
Das Interesse an Schnelltests sei zurzeit um rund ein Drittel geringer, als noch in der Hochzeit Ende April und Anfang Mai, schätzt Ahmet Danisik von »Corona Test West« gegenüber der »Hertener Allgemeinen«. Die Hälfte seiner acht Testzentren würden sich kaum noch rechnen, sagte auch Betreiber Swen Schiffer dem »Spiegel«.
Wie teuer die Tests dann sein werden, könne niemand wirklich sagen, so ein Sprecher des Gesundheitsministerium, dies werde auf dem »freien Markt« entschieden. Aktuell vergüten die gesetzlichen Krankenkassen einen PCR-Test mit gut 43 Euro, für einen Antigen-Schnelltest werden 11,50 Euro bezahlt. Vor März verlangten Testzentren zwischen 30 und 50 Euro für einen Schnelltest, die Preise bei Hausärzten lagen zwischen 15 und 25 Euro, in der Apotheke bei etwa 29 Euro.
Deutschland ist eines der letzten EU-Länder, das aktuell noch kostenlose Tests für Einheimische und Urlauber anbietet. Dem Europäischen Verbraucherzentrum zufolge müssen Touristen derzeit in Kroatien beispielsweise 20 Euro für einen Antigentest zahlen, in Griechenland auch Einheimische zwischen 15 und 40 Euro und in Italien bis zu 50 Euro.
Fraglich ist zudem, was die Schnelltests aus epidemiologischer Sicht nun überhaupt gebracht haben. Außer Milliardenumsätzen für die Branche und reichlich Plastikmüll. Das lässt sich schwer evaluieren, aber man müsste es wohl zumindest versuchen.