Seit Jahren steigen die Ausgaben für Arzneimittel. Vor allem die Preise weniger, aber dafür besonders teurer Medikamente mit Patentschutz treiben die Kosten nach oben: Zwar entsprach die Menge der definierten Tagesdosen dieser Originalpräparate im Jahr 2019 nur 6,4 Prozent des Gesamtverbrauchs, jedoch machte ihr Umsatz mit 46,3 Prozent fast die Hälfte der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) insgesamt aus. Er lag bei 21,6 Milliarden Euro. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) hat daher in seinem aktuellen Positionspapier zu patentgeschützten Arzneimitteln hilfreiche Vorschläge zur Verbesserung der Preisfindung gemacht. Eine aktuelle Fachpublikation der Universität Bremen und der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt, wie viel die GKV mit derartigen Vorschlägen im Arzneimittel-Segment einsparen könnte.
»Patentgeschützte Arzneimittel sind einer der größten Kostentreiber für die gesetzliche Krankenversicherung«, sagt Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK. »Gerade vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Ausgabenentwicklung in der GKV müssen wir die Preisbildung in diesem Bereich besonders unter die Lupe nehmen.«
In ihrem Paper untersuchen TK und Uni Bremen das Preismodell der International Association of Mutual Benefit Societies (AIM), das anhand objektiver Kriterien faire und transparente Arzneimittelpreise berechnen soll, die auf den Herstellerkosten sowie marktüblichen Renditeaufschlägen basieren.
Überschüssige Kosten in Höhe von etwa 173 Prozent
Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Socium der Uni Bremen, erklärt: »Unsere Berechnungen mit dem AIM-Modell zeigen, dass die tatsächlichen Arzneimittelpreise derzeit bis zu 13-mal so hoch sind wie sie fairerweise sein sollten. Auf den Umsatz gerechnet ergibt das überschüssige Kosten in Höhe von etwa 173 Prozent für patentgeschützte Arzneimittel – etwa 13 Milliarden Euro pro Jahr, die die gesetzliche Krankenversicherung, basierend auf dem AIM ›Fair Pricing Calculator‹, einsparen könnte.«
TK und Uni Bremen bewerten das AIM-Modell als Bereicherung in der Diskussion um faire Arzneimittelpreise. Neben dem AIM-Modell brauche es aber weitere Reformen und mehr anwendungsbegleitende Datenerhebung, um den Patientennutzen einer Therapie besser bewerten zu können, so Glaeske.