Verbraucherzentralen fordern Maßnahmen gegen Stromschulden
- Analyse von Haushalten mit Stromschulden zeigt Handlungsbedarf der Politik auf
- Preissteigerungen für Energie treffen Haushalte mit geringem Einkommen unverhältnismäßig stark
- Soziale Leistungen müssen sowohl die Kosten für Haushaltsstrom im Regelsatz als auch den Heizstrombedarf bei den Kosten der Unterkunft realistisch abdecken
- Mittelfristig muss der energetische Zustand von Wohnraum im unteren Preissegment verbessert werden
Nicht nur die Gaspreise bewegen sich derzeit auf einem Höhenflug: Auch die Strompreise haben im Jahr 2021 Rekordwerte von durchschnittlich 32,62 Cent pro Kilowattstunden erreicht und steigen derzeit weiter an. Das ist vor allem für Verbraucher mit geringem Einkommen eine große Belastung. Viele dieser Haushalte müssen mit Strom heizen und ihr Warmwasser elektrisch erzeugen. Wenn solche Mehrkosten nicht vollständig von Sozialleistungsträgern übernommen werden, verschärft das die Situation noch weiter.
Das zeigt eine Analyse der spezialisierten Energieschuldenberatung der Verbraucherzentralen Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Dort finden Menschen Unterstützung, die Energiezahlungen nicht mehr bewältigen können und bei denen Energiesperren durchgeführt oder angedroht wurden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten wurden bis April 2021 Daten aus Haushalten mit Stromschulden ausgewertet. Unter den Hilfesuchenden waren besonders viele Familien mit Kindern oder Alleinerziehende. Die Verbraucherzentralen sehen in verschiedenen Bereichen Handlungsbedarf.
»Mehr als jeder zehnte Betroffene, der in unsere Energieschuldenberatungen kommt, heizt mit Strom. Über die Hälfte der Haushalte nutzen Durchlauferhitzer oder Boiler für die Wassererwärmung«, erläutert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der #Verbraucherzentrale #NRW. »Damit die Anzahl derjenigen Haushalte, die von Energiesperren bedroht sind, gerade im Winter nicht weiter ansteigt, fordern wir kurzfristig eine angemessene Erhöhung der Regelsätze für Energiekosten.«
Mehrkosten für Strom werden häufig nicht übernommen
Die Stichprobe der Verbraucherzentralen hat auch ergeben, dass nur 61 Prozent der Haushalte, die Sozialleistungen beziehen, von den Sozialbehörden einen Zuschuss für die Nutzung elektrischer Durchlauferhitzer erhalten. Bei elektrischen Heizkosten erfolgt eine vollständige Übernahme sogar nur bei 41 Prozent. »Dabei haben Betroffene schon jetzt einen Anspruch auf eine solche Unterstützung«, stellt Dörte Elß, Vorstand der Verbraucherzentrale Berlin, klar. »Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass schon vor den aktuellen Energiepreissteigerungen die Regel- und Mehrbedarfe zur Haushaltsenergie und Warmwasserbereitung für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, nicht ausreichend waren. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.«
Die Untersuchung hat zudem offenbart, dass viele ihren Anspruch auf einen Zuschuss der Sozialbehörde nicht kennen oder sich gar nicht bewusst sind, dass ihre Warmwasserversorgung über Strom läuft. Die Verbraucherzentralen sind daher einig, dass es unbedingt notwendig ist, dass die Art der Heizung und Warmwasserversorgung schon beim Antrag auf Sozialleistungen zwingend erfasst und automatisch berücksichtigt wird. Und das bundesweit einheitlich, denn die Analyse zeigt, dass kommunale Sozialbehörden hier bislang unterschiedlich vorgehen.
Aber es braucht auch nachhaltige Maßnahmen: Die Beheizung mit Strom ist besonders teuer, wenn die Häuser in einem problematischen Zustand sind. Dazu Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: »Es muss ein kluger, aber auch schneller Weg gefunden werden, Wohnungen im unteren Preissegment energetisch zu sanieren.« Dabei dürften weder #Vermieter finanziell überfordert, noch günstiger Wohnraum für #Haushalte mit geringem Einkommen verdrängt werden.