CETA-Handelsabkommen: Foodwatch reicht Beschwerde bei EU ein
- Verbraucherorganisation kritisiert Intransparenz und mangelnde demokratische Kontrolle
- CETA-Ausschüsse tagen hinter verschlossenen Türen
- Das Europäische Parlament hat kein Mitspracherecht
- Foodwatch-Beschwerde bei EU-Ombudsstelle
Berlin, Brüssel, 1. Dezember 2021
Foodwatch hat bei der EU-Ombudsstelle eine offizielle Beschwerde gegen das Handelsabkommen CETA eingereicht. Nach langem Schriftwechsel mit der EU-Kommission zu dem EU-Kanada-Vertrag sei dies das letzte Mittel, um CETA noch zu stoppen, so Foodwatch. Die Beschwerde richtet sich gegen die mangelnde Transparenz und demokratischen Defizite innerhalb der Arbeit der CETA-Ausschüsse. Die Ausschüsse tagen hinter verschlossenen Türen und verhandeln über wichtige Verbraucher- und Gesundheitsthemen wie Pestizidstandards, Lebensmittelkontrollen oder Gentechnikstandards. Trotzdem habe das EU-Parlament keinerlei Mitspracherechte, kritisierte Foodwatch.
»Wir hoffen, dass die Europäische Bürgerbeauftragte unsere Beschwerde annimmt und eine Untersuchung einleitet. CETA ist eine Black Box und könnte eine Büchse der Pandora für europäische Lebensmittelsicherheits- und Gesundheitsstandards sein. Wir sind nicht zufrieden mit den wenigen Informationen, die über die Verhandlungen in den CETA-Ausschüssen zur Verfügung gestellt werden«, sagte Mirjam Hägele, Kampagnendirektorin bei Foodwatch International.
Beispielsweise möchte laut Foodwatch Kanada das EU-Vorsorgeprinzip als Grundlage für Pestizidstandards für EU-Importe abschaffen. Es steht viel Geld auf dem Spiel: Kanadische Agrarexporte im Wert von mehr als 1,88 Milliarden Euro pro Jahr sind von den europäischen Normen für Mindestrückstandswerte von Pestiziden betroffen.Â
»Entscheidungen über Pestizidstandards im Rahmen von CETA werden große Auswirkungen auf die Lebensmittelqualität von 447 Millionen EU-Bürgern und deren Gesundheit haben. Dies ist ein Thema von größtem öffentlichen Interesse. Dennoch haben wir keine Möglichkeit zu wissen, was verhandelt wird«, so Mirjam Hägele.
Seit Jahren bemüht sich foodwatch intensiv darum, durch Informationsfreiheitsanfragen und öffentlich zugängliche Dokumente herauszufinden, was die Europäische Kommission und Kanada verhandeln. Teile der angeforderten Dokumente wurden jedoch nicht zugänglich gemacht, kritisierte die Verbraucherorganisation. Insgesamt böten die verfügbaren Dokumente keinen ausreichenden Einblick in die Arbeit der CETA-Ausschüsse.
Dabei hätten die Entscheidungen der CETA-Ausschüsse weitreichende Folgen für alle EU-Bürger, so Foodwatch. Sobald die EU und Kanada im Rahmen von CETA ihre jeweiligen Standards gegenseitig als gleichwertig anerkennen – zum Beispiel beim Gesundheitsschutz oder bei Pestiziden – ist diese Regelung völkerrechtlich bindend. Die Vertragsparteien können ihre Standards dann nicht mehr einseitig verändern. Das würde bedeuten, dass die EU ihre Pestizidstandards bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht verschärfen kann, ohne dass Kanada zustimmt – sonst drohen Sanktionen durch das CETA-interne Streitbeilegungsgremium. Zudem wäre es ein Verstoß gegen das Völkerrecht.
Trotz der weitreichenden Folgen solcher Beschlüsse, würde das Europäische Parlament übergangen, kritisierte Foodwatch. Es hat bei den Entscheidungen der CETA-Ausschüsse kein Mitspracherecht und wird nur über die Ergebnisse informiert. Einzig der Rat der Europäischen Union muss den für die EU vertretenen Positionen in den CETA-Ausschüssen zustimmen.
»Es ist erschreckend, dass weitreichende Entscheidungen, die Millionen Menschen in Europa betreffen, im Geheimen, ohne öffentliche Debatte und ohne demokratische Kontrolle durch die gewählten Parlamente getroffen werden. CETA und die einflussreichen Handelsausschüsse sind ein schwerwiegendes Demokratiedefizit, das die Machtbalance zwischen den europäischen Institutionen untergräbt. Das Europäische Parlament muss maßgeblich an der Umsetzung von CETA beteiligt werden«, sagte Mirjam Hägele.