Die Welt mit den Händen begreifen, für blinde Menschen ist die Braille Schrift der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben, so die Christoffel Blindenmission
43 Millionen Menschen weltweit sind blind. Die meisten von ihnen leben in den ärmsten Ländern der Welt. Dort sind blinde Kinder häufig vom Schulbesuch ausgeschlossen. Und wenn sie zur Schule gehen, fühlen sie sich oft abgehängt. Denn nicht überall haben sie die Möglichkeit, die Braille-Schrift zu lernen. Anlässlich des Welt-Braille-Tags am 4. Januar erinnert die Christoffel Blindenmission (CBM), an die Bedeutung dieser Punktschrift für blinde und sehbehinderte Menschen. Ein Beispiel aus Kamerun zeigt, wie sehr sie ein Leben verändern kann.
Djemba aus Kamerun
Jeden Morgen wird Djemba aus Kamerun von seinen Freunden zur Schule begleitet. Sie nehmen ihn bei der Hand, denn der elfjährige Junge ist blind. Doch für ihn und seine Freunde spielt das keine Rolle. Auch nicht in der Schule: Denn während sich die anderen im Unterricht Notizen mit dem Stift auf Papier machen, greift Djemba zur Braille Tafel. Flink drückt er mit einem Griffel Punkte in das eingelegte Papier der aufklappbaren Tafel. 1825 erfand Luis Braille die Blindenschrift. Sie ersetzt jeden Buchstaben durch eine Kombination aus sechs ertastbaren Punkten: eine echte Revolution, denn dieses fühlbare Alphabet ermöglicht blinden Menschen weltweit das Lesen und Schreiben. Bis heute ist die Punktschrift für viele der Schlüssel zu Schule und Beruf. »Vor allem in Entwicklungsländern haben blinde Kinder ohne die Braille Schrift häufig kaum eine Perspektive«, sagt Dr. Rainer Brockhaus, Vorstand der Christoffel Blindenmission (CBM). »Denn es fehlt oft an Hilfsmitteln wie Computern oder Vorlesegeräten, die bei uns mittlerweile Standard sind«, so Brockhaus: »Deshalb machen wir uns in unseren Projekten dafür stark, dass blinde Kinder zur Schule gehen und die Braille-Schrift lernen können.«
Einst als fauler Schüler abgetan
Auch Djemba aus Kamerun hat keinen einfachen Weg hinter sich. Die Braille-Schrift beherrscht er erst seit wenigen Monaten. Der Elfjährige ging lange Zeit auf eine öffentliche Schule, wo ihn die Lehrer als einen faulen Schüler abtaten. Er war nicht in der Lage, im Unterricht Notizen von der Tafel abzuschreiben oder seine Hausaufgaben gut zu erledigen. Deshalb empfahl man seinen Eltern, ihn auf die CBM geförderte Schule »Promhandicam« in der Hauptstadt Yaoundé zu schicken. Hier lernen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen und spielen. Promhandicam gehört zu den wenigen inklusiven Schulen im Land. Kinder aus ganz Kamerun kommen hierher. Auch Djemba mag seine neue Schule: »Früher haben die Lehrer mich gezwungen, Notizen von der Tafel abzuschreiben. Dabei konnte ich die Tafel ja kaum erkennen«, berichtet Djemba. Und er fügt hinzu: »Außerdem war das Schreiben mit dem Stift für mich viel anstrengender als das Schreiben mit dem Griffel auf der Braille Tafel.«
Ganz neue Seiten
Seitdem Djemba die Punktschrift beherrscht, hat er in der Schule enorm aufgeholt. Auch Djembas Vater nimmt die Veränderung dankbar wahr. Manchmal fragt er sich, was wohl passiert wäre, wenn er seinen Sohn nicht hierhergebracht hätte. »An anderen Schulen ist man auf seine Bedürfnisse gar nicht eingegangen«, erzählt er. Das ist jetzt ganz anders. Der Vater stellt fest, dass sich Djemba auch als Mensch verändert hat: »Hier haben sie einen Teil seines Wesens zum Vorschein gebracht, der sehr schön ist«, stellt der Vater stolz fest. Die Brailleschrift hat Djemba schon jetzt geholfen, dazuzugehören. Und sie wird ihm auch helfen, sein Leben einmal selbst in die Hand zu nehmen.
Über die CBM
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit mehr als 110 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 460 Projekte in 48 Ländern.