Gütersloh, Bürger für den »Bürgerrat« werden zufällig ausgewählt, 2022
Thema und Zeitplan stehen, die Kriterien für das Auswahlverfahren sind festgelegt: Gütersloh macht sich auf den Weg, im September 2022 den ersten Bürgerrat zu bestimmen. Das Ziel ist es, Wissen und Input aus der Mitte der Bevölkerung zu erhalten. Der Anspruch ist es, mehr Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen, mehr Transparenz und Motivation, dieses Mitsprache Instrument auch in Zukunft fest zu etablieren.
Fraglich ist, ob dann nur noch »Wissen« und »Input« von den zufällig ausgewählten 25 Bürgern stattfinden sollen? Und was passiert, wenn Bürger ausgewählt werden, die zufällig alle Mitglied einer blauen Partei sind, oder Leute, die können, aber nicht wollen (oder umgekehrt), oder lauter Imperten? Unverbindlich ist das Ganze sowieso. Und es ist die Rede von »Umsetzungsempfehlung«, die »an den Rat der Stadt« gehen sollen.
Orientiert am sogenannten »Vorarlberger Modell« wurde ein Verfahren entwickelt, das einen niedrigschwelligen Zugang erlaubt und einfach nachzuvollziehen ist – was immer das bedeuten soll. Mit der Leitfrage »Enkeltaugliches Gütersloh – wie und was können wir in Gütersloh teilen, um zusammen nachhaltiger zu leben?« wird ein Zukunftsthema angesprochen, das Handlungsnotwendigkeiten in der Gegenwart beinhaltet. Anstatt es jetzt einfach zu tun.
Der nächste Schritt ist die Zufallsauswahl auf der Basis des Einwohnermelderegisters. Filterkriterien wie Alter, Geschlecht, Sozialraum sollen #Diversität sicherstellen. 25 Menschen werden sich dann, wenn sie ausgewählt werden und zusagen, am 17. und 18. September 2022 zum »Bürgerrat« treffen, um das Thema zu erörtern und Empfehlungen dazu zu erarbeiten – Empfehlungen aus der Vielfalt der Lebenserfahrungen und den Perspektiven des persönlichen Alltags, denn das ist mit dem Know how der Bürgerräte gefragt, sofern vorhanden.
Die Ergebnisse bleiben allerdings nicht als »exklusive« Empfehlung einer 25 er Gruppe bestehen, sondern sie sind die Vorlage für ein Zukunftsforum, das zum einen als öffentliche Präsenzveranstaltung am 21. September 2022 stattfindet, aber auch eine Internetplattform öffnet die Diskussion und Meinungsbildung zum Thema und den Empfehlungen. Die Ergebnisse sollen auch in der Stadtbücherei ausgestellt werden. Am Ende dieses umständlichen Prozessese soll ein Ergebnis aus all diesen Bestandteilen stehen, das dann wie bereits erwähnt als »Umsetzungsempfehlung« an den Rat der Stadt gehen soll.
Der Rat hatte die Durchführung des Bürgerrates Ende 2021 beschlossen. Ebenso wurde die Verwaltung für die Prozessplanung und Prozessbegleitung mit der Gründung einer »Steuerungsgruppe« beauftragt. Dieser gehören Vertreter des Rates, »Losland«, einem Projekt des Berliner Vereins »Mehr Demokratie« als Projektpartner und Vertreter der Verwaltung an. Moderiert wird der Bürgerrat von einem externen [!] Moderatorenteam, das der Projektpartner einbringt. »Die externe Begleitung sichert uns den Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen ebenso wie den Blick von außen.« Wenn schon Blicke von innen schwierig sind, stellt sich die Frage, wozu Blicke von außen gut sein sollen?
Ein Bürgerantrag war eine weitere Grundlage für die Ratsentscheidung. »Es ist nun wichtig, dass wir loslegen und Erfahrungen sammeln mit diesem Mitwirkungsinstrument [Für die 25 zufällig ausgewählten Bürger. Alle anderen können in gewohnter Manier mitwirken, beispielsweise durch Bürgeranträge, Initiativen, Wahlen et cetera. Anm. d. Red.]. Insofern ist dieser erste Bürgerrat auch ein Pilotprojekt. Wir werden also nicht nur die inhaltlichen Ergebnisse auswerten, sondern auch die Erfahrungen der Teilnehmer mit einfließen lassen.«
Die nächsten Schritte sind nun die Einleitung des Losverfahrens, mit dem die Teilnehmer bestimmt und eingeladen werden, am Bürgerrat mitzuwirken. Eine »Reserveliste« sichert die Teilnehmerzahl von 25. Die Organisation seitens der Stadt liegt bei Maik Schrey, der das Verfahren in den vergangenen Wochen gemeinsam mit Kollegen aus der Verwaltung, der Steuerungsgruppe und »Losland« vorbereitet hat.
Losland
Losland begleitet 10 Kommunen in ganz Deutschland dabei, vor Ort eine enkeltaugliche Zukunft zu gestalten. Dafür entwickelt Losland mit den Kommunen »passgenaue« Beteiligungsprozesse, inspiriert von Bürgerräten, dem Losverfahren und anderen Formen der Bürgerbeteiligung. Die Prozesse in den Losland Kommunen ermöglichen es den zufällig ausgewählten Bürgern, ihre Perspektiven, ihre Ideen und ihr Wissen über ihren Ort einzubringen [Was sie auch ohne »Bürgerrat« können. Anm. d. Red.]. Die in den Losland Kommunen gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse fügen sich zu einem politischen Mosaik: einer Landkarte der demokratischen Selbstwirksamkeit [Die es demnach bis dato nicht gibt? Frage d. Red.]. Auf diese Weise soll Losland weit über die beteiligten Kommunen hinaus »inspirieren« und »ermutigen«.
Informationen zum »Bürgerrat« sind online verfügbar, dort soll auch der Prozess dokumentiert werden.