Das Wellerdiek Areal, Planungen in Gütersloh, April 2008
- In den vergangenen Monaten haben die Pläne des israelischen Investors Gazit für Diskussionen und vornehmlich ablehnende Haltung gesorgt. Auf dem »Wellerdiek Areal« soll ein Geschäftszentrum entstehen.
Gütersloh, April 2008
Der israelische Investor #Gazit plant auf dem #Areal zwischen Friedrich-Ebert-Straße, Bahnhof und Strengerstraße die Errichtung eines Geschäftszentrums mit bis zu 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Dagegen hat der Gütsler Einzelhandelsverband bereits »Ã¤ußersten Widerstand« angekündigt, während Politik und Verwaltung sich zurückhalten und von »Prüfung« und »gemeinsamen Ãœberlegungen« sprechen.
Gazit Immobilien wurde Anfang 2006 als Tochtergesellschaft des börsennotierten israelischen Konzerns Gazit-Globe, nach eigenem Bekunden ein globaler Marktführer auf dem Sektor der Fachmarktzentren und Nachbarschaftszentren, gegründet. Die Immobilien sollen langfristig gehalten und durch ein haus-internes Asset-Management betreut werden. Neben dem geplanten Geschäftszentrum in Gütersloh gehören bereits ähnliche Zentren in Hamburg, Berlin, Düsseldorf und München zum Portfolio – allesamt mit einer Supermarktkette als Kern des Zentrums. Bei innerstädtische Objekten liegt das Augenmerk auf einem »hochwertigen Filialbesatz«.
Seit Jahren beobachten #Politik, #Einzelhandel und #Bürger Probleme in der Gütsler Innenstadt, dazu gehören Umsatzrückgänge, mangelnde Urbanität, Kneipensterben, Unterversorgung im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels – insgesamt mangelnde Attraktivität. Versuche, dem durch Stadtmarketing, »Leerstandsmanagement« und sonstige Aktionen entgegenzuwirken, sind zwangsläufig fehlgeschlagen – was gut ist, braucht nicht vermarktet zu werden, was schlecht ist, läßt sich nicht vermarkten. Der Gütsler Innenstadt wurde jetzt von der namhaften Architekturkennerin und Autorin Ursula Baus bescheinigt, keine »Perle ostwestfälischer Stadtbaukunst« zu sein: »Zwar darf man manche einzelne Bausünde beklagen, aber das eigentliche Dilemma liegt in einer drittklassigen Strukturierung der Innenstadt, wo Baulücken und Restgrundstücke in trübselige Parkplätze umgemünzt sind und der #ZOB die Dimension einer Metropole erwarten läßt.«
Zweifellos birgt ein Geschäftszentrum in der geplanten Größe das Risiko, die Innenstadt nicht zu ergänzen, sondern zu ersetzen. Ein Risiko, das in Anbetracht der ohnehin kritischen Situation besonders hoch ist. Zwar könnte die Attraktivität der Stadt Gütersloh als solches durchaus gesteigert werden, jedoch ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Innenstadt noch weiter verödet, als sie es durch Beseitigung der Urbanität – vor allem durch die Verkehrsberuhigung – ohnehin schon ist. Zahlreiche Beispiele in anderen deutschen Städten belegen dies. Auch das Beispiel des Media-Markts hat gezeigt, daß eine Ansiedlung außerhalb des Stadtzentrums trotz vorheriger Beteuerungen nichts für die Innenstadt bringt. Stadtbaurat Josef E. Löhr sieht in dem zur Zeit immer noch (sic!) in Arbeit befindlichen Zentrenkonzept, das unter anderem die zukünftige Entwicklung an Einzelhandelsflächen in der Stadt und in den Ortsteilen definieren soll, einen guten Ausgangspunkt für die konkrete Prüfung, »wieviele und welche Einzelhandelsflächen die Innenstadt noch vertragen kann«. Die ersten Zwischenergebnisse des Einzelhandelsgutachtens haben wenig überraschend gezeigt, daß der Lebensmitteleinzelhandel in der Innenstadt unterbesetzt ist, und daß andere Branchen im Durchschnitt liegen.
Die Chance liegt jetzt darin, zu erkennen, was solche Geschäftszentren für sich so erfolgreich macht, und das auf die Innenstadt anzuwenden: Das Zauberwort lautet Urbanität durch Angebotsvielfalt, hochwertige Gestaltung und vor allem verkehrstechnische Erreichbarkeit sowie Parkmöglichkeiten. Es geht letztlich nicht darum, wieviele und welche Flächen die Stadt noch vertragen kann – das wird der Markt regulieren. Vielmehr als die Quantität entscheidet die Qualität über die Zukunft der Gütsler Innenstadt. Daran orientiert sich letztlich auch der Kunde. Dessen Meinung ist letztlich entscheidend, und nicht die der Anbieter und Stadtplaner.