Pseudomonas aeruginosa Bakterien stellen ein Molekül her, das Zellen des Immunsystems lähmt, Albert Ludwigs Universität Freiburg

  • Forscher aus Freiburg und Straßburg finden starke Effekte des Moleküls Lec B auf das Immunsystem – und eine Möglichkeit, sie zu verhindern

Freiburg, 1. März 2023

#Bakterien der Art #Pseudomonas aeruginosa sind antibiotikaresistente #Krankenhauskeime, die durch Wunden in Blut, Lunge und andere Gewebe gelangen können und dort lebensbedrohliche Infektionen verursachen. In einem gemeinsamen Projekt haben Forschende der Universitäten Freiburg und Straßburg/Frankreich einen Mechanismus entdeckt, der wahrscheinlich zur Schwere der Infektionen mit P. aeruginosa beiträgt. Gleichzeitig könnte er ein Angriffspunkt für zukünftige Behandlungen sein. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift EMBO Reports erschienen.

Viele Bakterienarten nutzen zuckerbindende Moleküle, sogenannte Lektine, um an Wirtszellen anzuheften und in diese eindringen. Außerdem können Lektine die Immunantwort auf bakterielle Infektionen beeinflussen. Diese Funktionen sind bisher aber kaum erforscht. Ein Team um Prof. Dr. Winfried Römer vom Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg und Prof. Dr. Christopher G. Mueller vom IMBC – Institute of Molecular and Cellular Biology der Universität Straßburg hat in einem Kooperationsprojekt untersucht, welchen Effekt das Lektin Lec B von P. aeruginosa auf das Immunsystem hat. Dabei fanden sie heraus, dass isoliertes Lec B Immunzellen handlungsunfähig machen kann: Die Zellen sind dann nicht mehr in der Lage, durch den Körper zu wandern und eine Immunantwort auszulösen. Die Gabe eines gegen Lec B gerichteten Wirkstoffs verhinderte diesen Effekt und führte dazu, dass sich die Immunzellen wieder ungehindert bewegen konnten.

Lec B verbarrikadiert Immunzellen den Weg

Sobald sie eine #Infektion wahrnehmen, wandern Zellen des angeborenen Immunsystems zu einem nahegelegenen Lymphknoten, wo sie T und B #Zellen aktivieren und eine zielgerichtete Immunantwort auslösen. Lec B, so das Ergebnis der aktuellen Studie, verhindert diese Migration: »Wir gehen davon aus, dass Lec B dabei nicht nur auf die Immunzellen selbst wirkt, sondern auch verstärkt auf die Zellen, die das Innere der Blutgefäße und Lymphgefäße auskleiden«, erklärt Römer. »Wenn Lec B an diese Zellen bindet, löst es in ihnen umfassende Veränderungen aus.« Die Forscher beobachteten, dass wichtige Strukturmoleküle ins Zellinnere verlagert und abgebaut wurden. Gleichzeitig wurde das Zellskelett starrer. »Die Zellschicht wird dadurch zu einer unpassierbaren Barriere für die Immunzellen«, so Römer.

Ein effektiver Wirkstoff gegen Lec B

Lässt sich dieser Effekt verhindern? Die Forschenden testeten dafür einen spezifischen Lec B #Inhibitor, der den Zucker-Bausteinen ähnelt, an die Lec B sonst bindet. »Durch den Inhibitor ließen sich die Veränderungen in den Zellen verhindern, und eine T Zell-Aktivierung war wieder möglich«, fasst Mueller die vielversprechenden Ergebnisse der aktuellen Studie zusammen. Der Inhibitor wurde von Prof. Dr. Alexander Titz entwickelt, der am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland und der Universität des Saarlandes forscht.

Um herauszufinden, wie klinisch relevant die Hemmung des Immunsystems durch Lec B für die Ausbreitung einer Infektion mit P. aeruginosa ist, und ob der Lec B Inhibitor Potenzial für eine therapeutische Anwendung hat, sind weitere Studien notwendig. »Die aktuellen Ergebnisse sind ein weiterer Beleg dafür, dass Lektine ein sinnvoller Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Therapien sind, insbesondere bei antibiotikaresistenten Erregern wie P. aeruginosa«, so das Fazit der Autoren.

Eine Kooperation über den #Rhein hinweg

Die Ergebnisse stammen aus einer Kooperation der Universitäten Freiburg und Straßburg. Die beiden Erstautorinnen der Studie promovieren bzw. promovierten jeweils an beiden Universitäten und wurden von der Deutsch Französischen Hochschule unterstützt. Das Projekt ist damit ein Beispiel für ein erfolgreiches grenzüberschreitendes Forschungsprojekt am Oberrhein.

Ãœber den Exzellenzcluster CIBSS

Der Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg hat das Ziel, ein umfassendes Verständnis von biologischen Signalvorgängen über Skalen hinweg zu gewinnen – von den Wechselwirkungen einzelner Moleküle und Zellen bis hin zu den Prozessen in Organen und ganzen Organismen. Die Forscherinnen und Forscher setzen das gewonnene Wissen ein, um Strategien zu entwickeln, mit denen sich Signale gezielt kontrollieren lassen. Sie erschließen dank dieser Technologien nicht nur neue Erkenntnisse in der Forschung, sondern ermöglichen auch Innovationen in der #Medizin und den Pflanzenwissenschaften. MehrExternal Link …

Über das französische Forschungslabor

Das CNRS Labor im Campus der Universität zu Straßburg erforscht die Entwicklung des adaptiven Immunsystems und wie Pathogene einer Immunantwort entgehen. Unter Anderem entwickelt das Labor Zellkulturmodelle, die es erlauben, dieses Zusammenspiel von Infektionsmechanismen und Immunabwehr beim Menschen zu studieren. MehrExternal Link …

Faktenübersicht

Originalpublikation Janina Sponsel, Yubing Guo, Lutfir Hamzam, Emma Partiot, Quentin Muller, Julien Rottura, Raphael Gaudin, Dirk Hauck, Alexander Titz, Vincent Flacher, Winfried Römer, Christopher G. Mueller (2023), »Pseudomonas aeruginosa Lec B suppresses the immune response by inhibiting transendothelial migration«, in EMBO Reports, DOI 10.15252/embr.202255971

Winfried Römer ist Professor für Synthetische Biologie von Signalprozessen an der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg und Mitglied im Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies. Sein Forschungsschwerpunkt sind Wirt Pathogen Interaktionen.

Christopher Mueller ist Wissenschaftler für Immunologie an der nationalen französischen Forschungseinrichtung CNRS / Universität Straßburg, und Mitleiter des Deutsch Französischem-Schweizerischen Netzwerkes URI Group und des Doktorantenprogrammes »EURIdoc«.

Die Studie wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), dem Freiburg Insititute for Advanced Studies (FRIAS), dem Ministère de l’Enseignement supérieur, de la Recherche et de l'Innovation (MESRI; Ministerium für Hochschulbildung, Forschung und Innovation), der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH) und dem China Scholarship Council (CSC).