Update des Familienrechts: Quo vadis Kindesunterhaltsrecht? Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV)
- Reform des Kindesunterhaltsrechts jetzt
Am 13. März 2023 hatte die FDP zu einer #Familienrechts Konferenz #Vertreter von Verbänden und Parteien geladen. Initiatorin und Impuls Geberin war die rechtspolitische #Sprecherin der FDP, Katrin Helling Plahr. Ziel war ein Agenda Setting von Ideen und Vorstellungen der Verbände zur anstehenden #Reform des Kindesunterhaltsrechts.
Der Verband für Unterhalt und Familienrecht (ISUV) war bei der FDP #Familienrechtskonferenz vertreten durch die Verbandsvorsitzende Melanie Ulbrich und den Pressesprecher Josef Linsler, die den Reformbedarf anteaserten und praktische Reformvorschläge ansprachen.
Kindesunterhaltsrecht und Kindergrundsicherung
Ulbrich hob hervor »Aufgrund der aktuellen Diskussion wegen der Kindergundsicherung hat die Reform des Kindesunterhaltsrechts erheblich an Schub gewonnen. Es gibt Schnittstellen zwischen Unterhaltsrecht und Sozialrecht, die bisher zu wenig beachtet wurden, die aber bei der Reform des Unterhaltsrechts berücksichtigt werden müssen.« Diesem Umstand wurde insofern Rechnung getragen, dass auch der sozialpolitische Sprecher der FDP, Martin Gassner Herz, anwesend war und in die #Diskussion eingriff.
Reform jetzt – Hintergrund
Seit einigen Jahrzehnten wird die Höhe des Kindesunterhalts schematisch nach der Düsseldorfer Tabelle festgelegt. Von kritischen Beteiligten wurde mehrfach auf die »Schieflage« hingewiesen und #Reformbedarf angemahnt. Passiert ist aber nichts. Die Erhöhung des Kindesunterhalts in diesem Jahr brachte das Fass zum Überlaufen. Uns erreichten massenhaft Beschwerden von Mitgliedern.
Hintergrund ist die #Inflation, die vorauseilend gleich auf 10 Prozent angesetzt wurde. Dies geht einseitig zu Lasten der Schuldner und erzeugt Spannungen in den Trennungsfamilien. Denn: Verdiente ein Schuldner im vergangenen Jahr zum Beispiel 2.500 Euro netto und verdient derselbe Schuldner in diesem Jahr 10 Prozent mehr, also 2.750 Euro netto im Monat, bleibt sein Lebensstandard wegen der Inflation gleich. Aber der Anspruch auf Kindesunterhalt nach der Tabelle steigt jedoch nicht nur um 10 Prozent. Der Schuldner soll vielmehr statt zuvor 501 jetzt 578 Euro monatlich bezahlen, also gut 15 Prozent mehr. Dies beruht darauf, dass er in der Düsseldorfer Tabelle in eine höhere Gehaltsstufe eingruppiert wurde, so als hätte er einen realen Einkommenszuwachs erfahren. Sollte die Inflation weiter andauern, so würde, wenn sich nichts ändert, das Missverhältnis zwischen realem Einkommen und zu zahlendem Unterhalt immer größer. Für Unterhaltsschuldner aus der Mittelschicht ist das ein Problem. Das erzeugt massiven Druck und Verdruss und provoziert gerichtliche Streitigkeiten.
Eckpunkte Reform des Kindesunterhaltsrechts
Leitgedanke des künftigen Kindesunterhaltsrechts muss sein, beide Elternteile betreuen, beide bezahlen. »Das ist in den meisten jüngeren Familien schon Wirklichkeit, nach Trennung ist es eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit, das Recht hinkt hinterher«, betonte Ulbrich.
Des weiteren fordert ISUV eine Abkehr von der Düsseldorfer Tabelle, die schematisch Unterhaltsbeträge auf der Basis des Mindestunterhalts festlegt. Der Verband hält es für gerechter, wenn durch eine kleine Änderung im #BGB der #Unterhalt an die Lebensstellung der Eltern gebunden wird. Einem Kind der mittleren Altersstufe – 6 bis 11 Jahre – stünden dann einfach 15 Prozent des Nettoeinkommens des Unterhaltsschuldners zu. Ulbrich betonte: »Der Kindesunterhalt orientiert sich dann unmittelbar an der Lebensstellung der Eltern, wie es das Gesetz eben vorsieht. Die Festsetzungen der Düsseldorfer #Tabelle mit starren Einkommensgruppen werden dann nicht länger gebraucht. Viele Trennungseltern könnten aufatmen und Unterhaltsprozesse vermieden werden.«
Für die Berücksichtigung der Betreuungsanteile im Kindesunterhalt favorisiert der Verband folgenden Ansatz: Die Einkünfte beider Elternteile sollten zusammengerechnet werden und daraus der Unterhaltsanspruch der Kinder errechnet und entsprechend die Haftungsanteile beider Eltern berechnet werden. Sinnvoll könnte hier eine Pauschalierung sein, um dauernden Anpassungen aus dem Wege zu gehen und somit auch Streit zu vermeiden.
Des Weiteren fordert ISUV eine gesetzliche Regelung des notwendigen Eigenbedarfs – »Selbstbehalts«. Mit dem Mindestunterhalt kann parallel der »Mindestselbstbehalt« festgelegt werden. Richtlinie muss sein, dass Unterhaltsschuldner und Unterhaltsschuldnerinnen auch die Miete in Frankfurt, Hamburg, München … bezahlen können.
Sozialrechtliche Leistungen auch für betreuende Unterhaltspflichtige
Mangelfälle nehmen in den letzten Jahren stark zu. ISUV fordert deswegen, Unterhaltspflichtige müssen ebenso auf sozialrechtliche Leistungen zurückgreifen können. Bisher ist der unterhaltspflichtige Elternteil vom Bezug des Wohngeldes Kindergeldes und Kinderzuschlages ausgeschlossen. Daher fordert ISUV eine Beteiligung Unterhaltspflichtiger an diesen sozialrechtlichen Leistungen. In Bezug auf ihren Status sind betreuende unterhaltspflichtige Elternteile auch Temporäre Bedarfsgemeinschaften. Deswegen sollte ihnen ohne Wenn und Aber möglich sein, entsprechende Sozialleistungen abzurufen.
»Gut handhabbare Neuregelung im #Unterhaltsrecht und im Kindschaftsrecht«
Der Gesetzgeber muss jetzt aber auch schnell die Initiative ergreifen und die aus dem Ruder gelaufene Rechtsprechung einzufangen und mit einfachen Regelungen ausstatten. So stellt Prof. Dr. Isabell Götz, Vors. Richterin am OLG, Mitherausgeberin der #FAMRZ und Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages im Newsletter 11/2022 der FAMRZ kritisch fest und fordert gleichzeitig: »Die neue Rechtsprechung des BGH mag gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen. Trotzdem bleibt eine stringente, gut handhabbare Neuregelung im Unterhaltsrecht wie im Kindschaftsrecht eine Aufgabe für den Gesetzgeber. In der vergangenen Wahlperiode haben weder die zunächst angekündigte grundlegende Reform des Kindesunterhaltsrechts und Kindschaftsrechts, noch die abgespeckte Teilreform (dazu BT Druckssache 19/21489) das Licht der Welt erblickt. Aber vielleicht entbindet ja die vom derzeitigen Justizminister für diese Legislaturperiode angekündigte ›große Reform› im Familienrecht den BGH endlich von seiner Rolle als Ersatzgesetzgeber. Nicht nur die betroffenen Familien würden aufatmen.«
ISUV – Kompetenz im Familienrecht seit mehr als 45 Jahren
Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen – elterliche Sorge, gemeinsame Elternschaft trotz Trennung, Umgangsrecht, Unterhalt für Kinder und ehemaligen Eheatten, Vermögensausgleich Ausgleich der Rentenansprüche - betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt. Der ISUV finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Unterstützen Sie unser Anliegen durch Ihre Mitgliedschaft und Ihre Spenden.