Am Puls, Doku Reihe mit Sarah Tacke, Jana Pareigis, Christian Sievers, Jochen Breyer, Interview von Thomas Hagedorn
- ZDF, Montag, 1. Mai 2023, 19.20 Uhr, ZDF #Mediathek, ab Montag, 1. Mai 2023, 8 Uhr
Was treibt die Menschen in Deutschland um, was macht so richtig Puls? Die #ZDF #Moderatoren Sarah Tacke, Jana Pareigis, Christian Sievers, und Jochen Breyer wollen wissen, was die Menschen hierzulande besonders bewegt, aufregt oder ratlos macht: Warum werden plötzlich überall händeringend Mitarbeiter gesucht? Warum ist es vielerorts praktisch unmöglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden – und warum sind wir Deutsche eigentlich Bürokratie-Weltmeister? Diesen Themen geht das neue »Am Puls« auf den Grund, spricht mit denen, die es betrifft, sucht Lösungsansätze und trägt Probleme zu Verantwortlichen.
Am Puls mit Sarah Tacke: Mitarbeiter gesucht! Das deutsche Job Desaster
Überall fehlen Arbeitskräfte – ganz egal, wo man fragt: Kellner, Erzieher, Lehrer, Ärzte, #Lkw Fahrer und andere mehr. Aber wo sind die denn plötzlich alle hin? Na klar, die Gesellschaft altert, die Baby Boomer gehen in Rente. Doch ist das allein der Grund für das deutsche Job Desaster? Zum Tag der Arbeit wirft ZDF Rechtsexpertin Sarah Tacke einen Blick in die Arbeitswelt im Jahr 2023.
»Das Wichtigste ist, dass die Leute in ihrem Job einen Sinn erkennen« – 3 Fragen an Sarah Tacke
Sind Corona und der demografische Wandel die alleinigen Ursachen dafür, dass heute Arbeitskräfte in so vielen unterschiedlichen Bereichen fehlen? Oder hält manchen auch anderes von der Arbeit ab?
Auf meiner Drehreise habe ich vor allem 3 verschiedene Ursachen für den Arbeitskräftemangel und Fachkräftemangel erlebt. Zu viele Jugendliche starten nach der #Schule nicht in eine Ausbildung oder ins #Studium oder fangen an zu Jobben. Ich habe einen jungen Mann getroffen, der erst 5 Jahre nach seinem Schulabschluss jetzt eine Qualifikation macht, um dann eine Ausbildung machen zu können. Die Zahl der Jugendlichen, die es nicht schafft, in eine Ausbildung zu kommen, steigt seit Jahren. Würde man diese jungen Leute besser unterstützen, ergäbe sich ein enormes Potenzial, das noch nicht genügend genutzt wird. Und wenn alle Frauen mit Kindern unter 6 Jahren so viele Stunden im Job arbeiten würden, wie sie Umfragen zufolge gerne möchte, dann hätten wir mit einem Schlag 840.000 Arbeitskräfte mehr in Deutschland. Wir haben eine dieser Frauen getroffen. Sie ist angehende Erzieherin, will ihre Ausbildung abschließen, findet aber selbst keinen #Kita Platz um ihr Kind betreuen zu lassen. Und dann gibt es natürlich Menschen, die noch arbeiten könnten, sich aber schon in den Ruhestand verabschieden. Wir begleiten einen #Soldaten an seinem letzten Arbeitstag. Er ist einer von 80.000, die sich aktuell jedes Jahr aus dem Berufsleben verabschieden, obwohl sie länger arbeiten könnten. Diese Renten Lawine ist ein entscheidender Grund für den immer stärker wachsenden Fachkräftemangel.
Hat sich der Stellenwert der Arbeit für das persönliche Lebensglück verändert? Ist Arbeit nicht mehr zwingend Mittelpunkt des Lebens?
Doch, ich habe viele verschiedene Menschen getroffen, die glücklich sind, auch und vor allem, weil sie tun, was sie lieben. Zum Beispiel eine Malermeisterin, die einen großen und erfolgreichen Betrieb aufgebaut hat. Sie hat aktuell mehr als 30 Bewerber auf der Warteliste, weil es ihr gelungen ist, mit besonders attraktiven Arbeitsbedingungen, besonderes qualifizierte Fachkräfte anzuwerben. Ich habe einen jungen Mann getroffen, der seine ganze Energie reinsteckt, sich für eine Ausbildung im Bordbistro der Deutschen Bahn zu qualifizieren. Und eine junge Frau hat mir mit leuchtenden Augen erzählt, dass sie auch am Wochenende und Feiertagen und bis weit nach Mitternacht arbeitet, weil sie Köchin werden will. Mein Eindruck ist, Arbeit hat einen sehr hohen Stellenwert, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Geschätzt werden ein kollegiales Team, ein wertschätzender Chef und eine Aufgabe die einem liegt und einen erfüllt. Und ja, für manchen ist nur Teilzeit möglich und andere arbeiten besonders produktiv in einer 4 Tage Woche. Aber unterm Strich bin ich nur Menschen begegnet, denen es wichtig ist zu arbeiten und was sie arbeiten. Das Wichtigste ist, dass Leute in ihrem Job einen Sinn erkennen.
Inwiefern könnte Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt von morgen noch einmal grundlegend verändern? Welche Jobs werden dann noch gefragt sein und könnte der aktuelle Arbeitskräftemangel die Veränderung beschleunigen?
Ich war beeindruckt, welche Möglichkeiten schon heute die #Robotik bietet. Und zwar nicht in irgendwelchen großen Werkshallen, sondern auf der Baustelle nebenan. Ich durfte selbst auf einer Handwerksmesse ausprobieren, wie der Kollege aus Plastik und Metall in nicht ferner Zukunft etwa bei Hilfstätigkeiten zum Einsatz kommt. Ganz konkret wurde mir etwa gezeigt, wie der Roboter eine Deckenplatte nach oben stemmt, an der richtigen Position festhält – und der menschliche Handwerker schraubt das Teil dann fest. Diese Arbeitsteilung ist faszinierend und sicherlich auch ein möglicher Schritt, um dem Personalmangel zu begegnen.
Interview: Thomas Hagedorn