Willkommen in Münster. Erstmals ziehen im April 2023 Lippenbären in den Allwetterzoo ein

Münster, 28. April 2023

Die neuen im #Allwetterzoo #Münster, das sind 2 Bärenbrüder. Genauer gesagt Lippenbären, die so ansonsten in Indien und Sri Lanka sowie vereinzelt in Bhutan und Nepal leben. Diese Bärenart ist erstmals in der Geschichte des Zoos in Münster zu erleben. Für die Lippenbären wurde das Bärenhaus von Grund auf saniert. »Hier möchte ich nochmals meinen allergrößten Dank und Anerkennung an Horst Eschler richten«, sagt Zoodirektorin Dr. Simone Schehka. »Ohne diese grandiose Spende in Höhe von 750.000 Euro wäre das alles nicht möglich gewesen.«

Angekommen sind die Geschwister aus dem benachbarten Zoo in Rheine, wo sie am 6. Dezember 2019 zur Welt gekommen sind. Und mit der Ankunft dieser zotteligen neuen Bewohner am Aasee kommt zusammen, was zusammengehört. »Seit 2015 bin ich verantwortlich für das Lippenbären EEP«, erklärt Senior-Kurator Marcel Alaze. EEP, das steht für EAZA ex situ Programm, besser bekannt als Europäisches Erhaltungszuchtprogramm. »Es geht um das Populationsmanagement von Lippenbären innerhalb der europäischen Zoos«, so Alaze weiter. »Ein zooübergreifendes Projekt zur gezielten und koordinierten Zucht von in Zoos gehaltenen Tierarten. Hier bin ich für Empfehlungen zur Verpaarung und Transporten einzelner Tiere verantwortlich, um einen optimalen Genpool aufrechtzuerhalten. Denn eine gesunde Zuchtpopulation in den europäischen Zoos zu erhalten, das ist ebenso wichtig für diese Art wie die Erhaltung der natürlichen Lebensräume.«

Die Lippenbären ziehen im Allwetterzoo in eine komplett neu gestaltete Anlage. Diese bietet den Bären alles, was sie brauchen: von Kletterstrukturen, Rückzugmöglichkeiten, Beschäftigungstools sowie vieles mehr. Hier werden sie rundum versorgt. In ihrem angestammten Lebensraum sieht es für die Tiere allerdings deutlich schlechter aus. »Als Zuchtbuchkoordinator bin ich auch in Projekten involviert, die sich in situ, also im Lebensraum dieser Tiere engagieren«, sagt der Senior-Kurator. »So arbeite wir mit der Universität HNG University in Indien zusammen. Bei dem in Rahmen des EEP gegründeten Schutzprojektes geht es darum, ein bestmögliches Zusammenleben von Lippenbären und Menschen zu ermöglichen.« Das Projekt hat eine eigene WebsiteExternal Link. Hier können Interessierte genauere Informationen über das Projekt bekommen.

Obwohl Lippenbären eher scheue #Tiere sind, gelten sie als aggressivste aller Großbärenarten. Da sie sich ihren Lebensraum Natur mit anderen gefährlichen Tieren wie Tiger und Leoparden teilen, müssen sie stets auf der Hut sein. Begegnen sie zum Beispiel einem Tiger, dann bleibt ihnen in der Regel nur ein direkter Angriff, um die Katze in die Flucht zu schlagen. Auch dösen Lippenbären gerne tagsüber. Werden sei dann überrascht, greifen sie meist unverzüglich an. Gerade durch die rapide Zunahme der Bevölkerung in Indien und die damit verbundene Ausweitung der Dörfer und Städte nimmt der Druck auf die letzten verbliebenden natürlichen Lebensräume immer mehr zu. Gerade zur Nahrungsgewinnung und zum Brennholzsammeln dringen die Menschen immer weiter in ihren Lebensraum vor. Dadurch kommt es immer wieder zu ungewollten Begegnungen mit Lippenbären. Diese können auch zu einem Angriff durch die Tiere führen. »Wenn sich die Lippenbären verteidigen, kommen unter anderem ihre langen Krallen zum Einsatz. Die benötigen sie eigentlich nur zur Nahrungssuche«, erklärt Alaze. Denn die recht großen Tiere sind spezialisiert auf sehr kleine Nahrung, Insekten, um es genau zu nehmen. »Dabei machen Termiten und Ameisen den Hauptbestandteil ihrer Nahrung aus.« Um an ihre Beute zu gelangen, reißen sie den Termitenhügel mit den kräftigen Krallen auf, blasen den Staub weg und stecken die Schnauze hinein. Durch kräftiges Einziehen der Luft saugen sie, vergleichbar mit einem Staubsauger, ihre Beutetiere heraus. Zudem haben sie eine lange Zunge. Diese hilft ihnen beim Auflecken ihrer Nahrung. Daneben fressen Lippenbären auch andere Insekten. Außerdem stehen Früchte, Blüten sowie Honig und bisweilen auch Aas auf ihrem Speiseplan. Nur sehr selten dagegen kleine bis mittelgroße Wirbeltiere. Um ihrer Nahrung habhaft zu werden, klettern sie dafür auch auf Bäume.

Aufgrund ihres Nahrungsspektrums kann es auch vorkommen, dass sie manchmal #Plantagen verwüsten. Dieses Verhalten sowie die Verwendung ihrer Körperteile als Nahrung oder zu medizinischen Zwecken sind weitere Gründe, warum Menschen diese Bären aktiv jagen. Der Gallenflüssigkeit werden ähnliche heilende Kräfte zugeschrieben wie der des Kragenbären. Die Tiere werden in einigen Regionen Indiens auch als Jungtiere lebend gefangen, um sie später als Tanzbären einsetzen zu können. »Die Hauptbedrohung ist aber mittlerweile die Zerstörung ihres Lebensraums durch Waldrodungen und das stete Vordringen von Menschen in ihren Lebensraum – was wiederum Konflikte schürt«, schildert der Senior-Kurator die größte Bedrohung für diese Tiere. »So kommt es auch, dass nach der Weltnaturschutzunion IUCN der Lippenbär seit 1990 in der Roten Liste gefährdeter Arten in Gefährdungskategorie »VU« als »gefährdet, hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft« eingestuft ist.« In Bangladesch gelten diese mittelgroßen Bären bereits seit 2013 als ausgestorben. Die Gesamtpopulation der Lippenbären wird auf rund 7.000 bis 10.000 Tiere geschätzt. »Mit unserem Projekt versuchen wir die Bevölkerung für die Gefahr durch Bären zu sensibilisieren und Verhaltensregeln aufzuzeigen, damit es zukünftig eine Co Existenz zwischen Bären und Mensch geben kann. Auch versuchen wir neue Schutzgebiete und Korridore zu etablieren, verletzte Bären zu retten und sie nach der Genesung in die natürlichen Habitate zurückzuführen.«

In Münster bewohnen die beiden Brüder zukünftig die neu gestaltete Bärenanlage, deren Innenbereich um rund 100 Quadratmeter erweitert wurde. Und nicht nur das: »Nach der Eingewöhnungszeit und Kennenlernzeit werden die Tiere mit den ebenfalls im Bärenhaus lebenden vier Rothunden vergesellschaftet«, blickt Marcel Alaze in die Zukunft. »Die sanierte Anlage ist dabei so konzipiert, dass alle drei3Außenbereichen von Lippenbären und Rothunden genutzt werden könnten. Wann wir aber erstmals den Schieber öffnen, das kann ich heute noch nicht genau sagen. Aber die Vorfreude ist schon riesig, diese beiden besonderen Arten beim Zusammenleben beobachten zu können.«

Foto: Günter Seggebäing, optimiert, CC BY SA 3.0, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

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