Finanzgericht Köln: Einkommensteuern sind zu erlassen, wenn die Steuerschuld unter Einbezug von Aktienverlusten das jährliche Existenzminimum übersteigt
Köln, 10. August 2023
Die Erhebung von #Einkommensteuern kann sachlich unbillig sein, wenn die festgesetzte Steuer bei Einbezug tatsächlich abgeflossener, aber aufgrund von Ausgleichsbeschränkungen steuerlich nicht zu berücksichtigender #Aktienverluste das jährlich steuerfrei zu belassende #Existenzminimum übersteigt. Dies hat der 5. Senat des Finanzgerichts Köln mit seinem heute veröffentlichten Urteil vom 26. April 2023 entschieden (5 K 1403/21).
Die Klägerin erlitt #Verluste aus Stillhaltergeschäften. Wegen der Verlustausgleichsbeschränkung nach Paragraph 22, Nummer 3, Satz 3 und 4 des #Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahrs erfolgte in Höhe von rund 390.000 Euro keine Verrechnung mit den positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten. Dies führte zu einem entsprechend höheren Gesamtbetrag der Einkünfte. Unter Berücksichtigung des für 2002 geltenden Grundfreibetrags von 7.235 Euro begehrte die Klägerin eine Minderung ihrer Gesamtsteuerbelastung.
Die #Klage hatte Erfolg. Das Gericht folgte der Argumentation der Klägerin. Nach dem sogenannten subjektiven Nettoprinzip müsse der Staat einem Steuerpflichtigen von seinem Erworbenen so viel steuerfrei belassen, wie zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts erforderlich sei (Existenzminimum). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungswegen die Untergrenze für den Zugriff durch die #Einkommensteuer. Hinsichtlich der Freistellung des Existenzminimums sei keine Gesamtbetrachtung über mehrere Jahre vorzunehmen. Der für den Lebensunterhalt tatsächlich und unabweisbar benötigte Geldbetrag sei vielmehr in jedem Veranlagungsjahr von der Besteuerung auszunehmen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das #Finanzamt hat gegen das Urteil #Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen IX R 18/23 beim Bundesfinanzhof in München geführt wird.