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Kunst und Kultur, Literatur

Lesetipps für Gütersloh, Karin Schrey, Bettina Dorfmann, »Busy Girl – Barbie macht Karriere«

Barbie wird bald 65 Jahre alt. Und ist erfolgreicher denn je, aber für viele immer noch der Inbegriff des blonden Dumm­ chens und die Verkörperung eines über­ holten Frauenbildes. Wie kein anderes Spielzeug ist die Puppe seit ihrem Erscheinen auf dem Markt 1959 immer Kontroversen ausgesetzt gewesen.

Von: , , Lesedauer 7 Minuten, 4 Sekunden, DOI:10.DE170236410/GÜTSEL.75312, 40.599 Views

Lesetipps für Gütersloh, Karin Schrey, Bettina Dorfmann, »Busy Girl – Barbie macht Karriere«

Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Lesetipps für Gütersloh, Karin Schrey, Bettina Dorfmann, »Busy Girl – Barbie macht Karriere«

Perfekte Identifikationsfigur

#Barbie wird bald 65 Jahre alt. Und ist erfolgreicher denn je, aber für viele immer noch der Inbegriff des blonden Dumm­ chens und die Verkörperung eines über­ holten Frauenbildes. Wie kein anderes #Spielzeug ist die #Puppe seit ihrem Erscheinen auf dem Markt 1959 immer Kontroversen ausgesetzt gewesen.

Sie als Rollenspielzeug und Identifikations­ figur für Millionen heranwachsender Mädchen anzusehen, fällt ihren Feinden schwer. Warum aber ist sie das meistver­ kaufte Spielzeug aller Zeiten?

Karin Schrey hat Barbies Weg seit den 50er Jahren an verfolgt und dabei beob­ achtet, dass dieses Spielzeug ein perfekter Spiegel seiner jeweiligen Epoche ist. Sie hat Bild für Bild dem Wunschtraum die Wirklichkeit gegenübergestellt. Entstanden ist daraus eine historisch fundierte Doku­ mentation über die Veränderungen weibli­ cher Lebensmuster seit der Mitte des vori­gen Jahrhunderts. Das #Buch begleitet seit 2004 die gleichnami­ge #Ausstellung durch bundesdeutsche Museen, die einen Eintrag vom Deutschen Institut für Rekorde RID bekam: »Längste an­dauernde Barbiepuppen Wanderaus­ stellung, 15 Jahre, Jubiläum am 14. November 2019, und es geht weiter« …

So sind mittlerweile 7 Stationen bis 2024 hinzugekommen

  • Spielzeugmuseum Ratingen

  • Kindermuseum Explorado Duisburg

  • Städtisches #Museum Schloss Bruchsal

  • Museumsinsel Stadt Heide

  • Ostfriesisches Landesmuseum Emden

  • Museum Lünen

  • Spielzeugmuseum Sonneberg (ab Sommer 2024)

Karin Schrey ist Museumspädago­gin, Ausstellungs­ kuratorin, Fachjourna­listin und Spielzeug­sammlerin. Im #Museum der Stadt Ratingen betreute sie jahrzehntelang die Abteilung Historisches Spielzeug und schrieb Kindersachbücher. Heute lebt sie in der Nähe von #Frankfurt am Main. Unterdessen ist Karin Schrey auch beken­nende KrimiaAutorin. Aktuell arbeitet sie an einer Trilogie, in deren Mittelpunkt drei Detektivinnen stehen, die die Polizei bei der Aufklärung von Verbrechen im HighTech­ Bereich unterstützen.

Bettina Dorfmann, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Düsseldorf wohnt, besitzt mehr als 18.500 Barbiepuppen in originaler #Kleidung und damit die weltweit größte Sammlung, was unter anderem im #Guinnessbuch und im Deutschen Institut für Rekorde dokumentiert ist. In Ihrer Barbie­ #Klinik restauriert sie Mode­ puppen aus ganz Europa. Zu den Aufgaben der Sachverständigen gehört auch das Schätzen und Begutachten der Puppen und des Zubehörs. Für ihr Engagement im Sammlerbereich gewann sie 2011 der DollAmi­Award auf den Puppenfesttagen in Eschwege. In Fachzeitschriften veröffent­licht sie über Modepuppen und Spielzeug sowie in TV­, Online­ und Radio­beiträgen.

Barbies Erfolgsstory begann am 24. Juni 1952 in der #Bild #Zeitung mit einem #Cartoon des Karikaturisten Reinhard Beuthin, der Serie einer jungen, blonden Frau mit Pferde­ schwanz, die einem bis dahin in Deutschland unbekannten Frauentyp entsprach: allein lebend, mode­ und selbstbe­ wusst, mit einer freien Moral, die im prüden Nachkriegs­ deutschland schockierte. Diese Figur »Lilli« wurde schlag­ artig zum Liebling der Leser. Junge Mädchen sammelten die Cartoons und imitierten ihre Frisur und ihre Outfits. Bald wurde Lilli als Modepuppe hergestellt und wandte sich zunächst an eine erwachsene Käuferschicht, nur wenige Kinderhände werden mit ihr gespielt haben.

Die amerikanische Unternehmerin Ruth Haendler, die 1958 auf einer Europareise in einem Schaufenster die Bild Lilli entdeckt. hatte, schaffte es, die Puppe fast unverän­ dert in ein Kinderspielzeug zu transformieren. Sie erhielt sie die Vermarktungsrechte, um die Puppe neu zu gestal­ ten und ihr 1958 auf einer Europareise in einem Schau­ fenster die Bild Lilli entdeckt. Umfeld zu erweitern. Im März 1959 wurde auf der »American Toy Fair« die »Barbie­ Puppe« erstmalig vorgestellt, benannt nach Ruth Handlers Tochter Barbara.

Barbie steht, auch wenn sie einen kleinen Umweg über das Partygirl Lilli genommen hat, in einer Jahrhunderte alten Tradition. Modepuppen haben Generationen von Mädchen auf ihre Lebensaufgaben vorbereitet. Heute lassen sich mit Barbie und mit ihr verwandten Modepuppen alle Bereiche menschlichen Lebens nachspielen.

Das Besondere an Barbie ist, dass sie immer aktuell ist. Anfang der 60er Jahre trug sie Pferdeschwanz und weite Röcke. Um 1965 – die Rock ’n’ Roll Zeit war angesagt – wurde die Mode eleganter, der »Jackie­Stil« eroberte die Kleiderschränke und Pillbox­Hüte wurden getragen, In den späten 60er Jahren folgte die ausgeflippte Hippi­Mode. Mitte der 70er Jahre brach das Disco­Fever aus, und Schau­ spielerin Farrah Fawcett­Majors galt als Schönheitsidol. Die Ähnlichkeit mit der »Super Star Barbie« ist nicht zu überse­ hen. Die 80er Jahre brachten der Menschheit die Jogging­ und Fitnesswelle und endeten mit großen Rock Events. Barbie war stets Trendsetter in den Warenhäusern welt­ weit. Inzwischen hat Barbie den neusten Computer, das aktuellste #Handy und die #Digitalkamera.

Aus Lilli … wird Barbie, Vorwort zur 3. Auflage, Dr. Ursula Mildner (ehemalige Leiterin des Museums der Stadt Ratingen)

Ein Begleitbuch zu einer Ausstellung geht in die dritte Auflage! Das ist bei einem Buch, das in erster Linie in Museumsshops zu finden ist, ungewöhnlich. Oft wandern bei Ausstellungsende die verbleibenden Exemplare der entsprechenden Museumskataloge ins Antiquariat. Was ist bei diesem Buch anders? Es war damals, vor 20 Jahren, provokant. Nein, es geht nicht nur um die Barbiepuppe, das damals noch vielfach vor allem unter Kulturbeflissenen verfemte Puppenmodell. Es geht um Mentalitätsgeschichte.

Die Idee war im Museum der Stadt Ratingen schon vorher umgesetzt worden: In der ersten Etage stand seit 1988 eine Ausstellung, in der mit historischem Spielzeug Kinderleben im neunzehnten Jahrhundert, dargestellt wurde. Diese Ausstellung war Anfang der 2000er Jahre immer noch ein Publikumsmagnet. Schulklassen waren häufig Gast in unserem Haus, denn mit Karin Schrey hatte ich Ende der 1980er Jahre eine Museumspädagogin gefunden, die auch als Autorin von Kindersachbüchern erfolgreich war. Und sie engagierte sich in der damals boomenden Puppenszene mit Bettina Dorfmann, der Besitzerin der weltweit größten Barbie­Sammlung.

Mit Barbie, über die viele damals noch die Nase rümpften, eine Ausstellung zu realisieren, war wohl riskant, bot jedoch aus unserer Sicht eine fantastische Möglichkeit, Mentalitätsgeschichte darzustellen – mit einer Puppe die veränderten Berufs­ und Lebensbe­ dingungen von Frauen in der zweiten Hälfte des 20. Jh. abzubilden, also mit »Busy Girl – Barbie macht Karriere« ein feministisches Thema zu bedienen. Unsere Ausstellung ging unter vielen Mitbewerbern als Gewinner einer Ausschreibung des Kultus­ Ministeriums hervor und wurde von mehreren NRW­ Institutionen finanziell unterstützt. Mit Karin Schreys Texten auf Grundlage ihrer Recherchen zur Geschichte der weiblichen Berufstätigkeit sowie Bettina Dorfmanns Kenntnissen über die Barbiepuppe und einem Großteil ihrer Sammlung entstand eine Wanderausstellung, zunächst mit sechs Stationen, die erste war unser Museum der Stadt Ratingen. Das Konzept ging auf, der Erfolg gab uns Recht. Doch nie­ mand von allen Beteiligten hätte sich damals träumen las­ sen, dass »Busy Girl« mehr als 20 Jahre on tour sein werde und diese Ausstellung einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde bekäme.

Bei den ersten Recherchen für die Ausstellung und das Buch im Jahre 2003 zählte das Statistische Bundesamt 17.901.000 erwerbstätige Frauen, das heißt, dass 58 Prozent aller Frauen im berufsfähigen Alter in Deutschland berufstätig waren: der überwiegende Teil in traditionellen Frauen­ berufen mit geringerem Einkommen und wenig Aufstiegs­chancen. Seit den 50er Jahren waren die Traumberufe junger #Mädchen #Mannequin, #Filmstar, Schlagersängerin, Fernsehansagerin Wunschvor­ stellungen, die mit der Wirklichkeit nicht zu vereinbaren waren. Auch 2003 hatte sich daran noch nicht viel geän­dert, wie wir betroffen feststellen mussten.

Laut Statistischem Bundesamt sind 2022 in Deutschland 19,3 Millionen Frauen erwerbstätig. Deutschland liegt damit im Vergleich zu anderen Ländern in der #EU an drit­ter Stelle. Immer noch sind Frauen überwiegend im Dienstleistungssektor beschäftigt. Und immer noch wer­ den sie schlechter bezahlt als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap liegt bei 18 Prozent. Die 2022 nach wie vor häufigsten Ausbildungsverträge junger Frauen sind die gleichen wie 2003: medizinische bzw. zahnmedizinische Fachange­ stellte, Kauffrau im Einzelhandel, Industriekauffrau, Verwaltungsfachangestellte. Friseurin steht als #Handwerksberuf immer noch an erster Stelle. Und die Traumberufe? Die beliebtesten sind #Ärztin, #Kranken­schwester, #Unternehmerin, #Anwältin, #Architektin – aber auch, wie 1959, die Stewardess. Der bestbezahlte #Beruf für Frauen ist der der Fondmanagerin. Dabei liegt der Frauenanteil in Führungsetagen nur bei rund 29 Prozent (2022); im EU­weiten Vergleich ist das für Deutschland Platz 21. In den Topetagen der 160 DAX­ Unternehmen sowie der 23 im regulierten Markt notierten, voll mitbestimmten Firmen liegt der Frauenanteil bei 17,1 Prozent. In den Forschungsabteilungen deutscher Unternehmen ist der Frauenanteil besonders gering. Nur 11,7 Prozent der C4­Stellen sind von Professorinnen besetzt. Unter diesen Voraussetzungen wird die Ausstellung »Busy Girl – Barbie macht Karriere« wohl noch eine Zeitlang weiter wandern müssen.

Aarachne Verlag, Klappenbroschur, 104 Seiten, 190 Bilder, davon 70 in Farbe, 170 mal 240 mm, ISBN 978­3­9824506­6­7

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Salenti

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