Disziplin, das große Missverständnis und Unverständnis
Gütersloh, 5. Dezember 2023
Was versteht man im »Westen« unter »Disziplin«? In Erster Linie die militärische Disziplin – dass alle das tun (und nur genau das), was ihnen gesagt wird. Darüber hinaus kennt man den Begriff mit den Bedeutungen »Wissenschaftliche Kategorie«, »Sportliche Kategorie«, »Selbstorganisation«. Diese weiteren Bedeutungen sind freilich bestenfalls tertiär.
In Wahrheit steht der Begriff dem aber entgegen. Das lateinische »disciplina« bedeutet #Unterweisung, #Unterricht, #Lehre, #Bildung, #Kenntnis, #Fertigkeit, #Kunst … letztlich genau das Gegenteil der »militärischen Disziplin«. Statt von »Disziplin« in der Organisationsstruktur von Apparaten zu sprechen, sollte man eben lieber von Organisationsstrukturen sprechen. Denn was man etwa beim Militär lernt, ist, zu gehorchen, Befehle zu befolgen, und (sekundär) das »Handwerk«. Neues entsteht so nicht – das wahre Ziel der Lehre, Bildung, Kunst, ist es aber, sich weiterzuentwickeln. Neues zu schaffen. Genau das ist im #Militär aber nicht gefragt. Veränderungen werden schlechterdings befohlen und angeordnet. Eigeninitative ist per se verboten und wird bestraft.
In Unterricht, Lehre, Bildung, soll der »Meister« dem »Lehrling« das beibringen, was er selbst weiß. Das ist aber nur die #Grundlage. Der Lehrling soll darüber hinauswachsen, wenn er dieses Fundament hat. Und soll dann selbst zum #Meister werden. Darum geht es. So wie Disziplin aber missverstanden wird, beschränkt sie sich selbst. Das ist absurd. In mancher fernöstlichen Philosophie ist der »Meister« stolz darauf, wenn sein »Lehrling« irgendwann besser ist als er und ihn übertrifft – und er wird selbst wieder zum »Lehrling« (seines »Lehrlings«). Im »Westen« bestraft er ihn – das kann und darf nicht sein.
Eine der wichtigsten Einstellungen und Erkenntnisse ist die, das Gefühl zu haben, gestern noch gar nichts gewusst zu haben.