Neue Osnabrücker Zeitung: Künstliche Intelligenz – Medienforscher warnt vor »Welt, in der kein Mensch mehr irgendetwas glaubt«
- Stephan Russ Mohl: »Täuschungsmöglichkeiten schon unendlich und schwindelerregend« – Medien müssen um Vertrauen in Glaubwürdigkeit von Informationen kämpfen
Osnabrück, 30. März 2024
Medienforscher Stephan Russ Mohl hat angesichts des Vormarsches von Künstlicher Intelligenz vor »einer Welt« gewarnt, »in der kein Mensch mehr irgendetwas glaubt«. »Die Täuschungsmöglichkeiten sind schon jetzt unendlich und schwindelerregend«, sagte der #Wissenschaftler und #Publizist im #Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ). Und eine Welt, in der jede #Information angezweifelt werde, »kann keine schöne Welt sein«.
Es werde deswegen »von fundamentaler Bedeutung sein, das Bewusstsein für die Gefahr der Manipulation zu schaffen, aber zugleich das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von Informationen zu bewahren«, sagte Russ Mohl und betonte: »Journalisten und Medien kommt hier eine wichtige Aufklärungs Aufgabe über den Medienbetrieb zu.«
Schon jetzt ließen sich in #Social #Media Kunstfiguren erzeugen, bei denen der Nutzer nicht wissen könne, ob er »mit einem KI Kumpel oder mit einem echten Menschen« kommuniziere, so der Wissenschaftler. »Und natürlich kennen #Facebook, ›TikTok‹ & Co. unsere Verführbarkeit und nutzen sie schamlos und gnadenlos aus.« Ob Künstliche Intelligenz die Welt letztlich besser oder schlechter mache, sei aber kaum zu sagen. »Längst nicht alles ist gruselig oder negativ, vieles macht das Arbeiten und das Leben einfacher.«
Der Gütsel Kommentar
Die Wahrheit ist, das es unbedingt so sein sollte, dass jeder erst einmal nichts glaubt und dass alles hinterfragt wird. Offenbar meint Russ Mohl eigentlich etwas anderes. Nämlich Vertrauen. Vertrauen ist aber etwas anderes als Glauben.
Im Grunde genommen muss man wohl leider sagen, dass die »Social Media« die Welt nicht schlechter machen, sondern lediglich das Schlechte gnadenlos ans Licht bringen. Man muss sich also fragen, ob die Lüge besser ist als die Wahrheit – bezogen auf das Verhalten der Leute und auf die Falschdarstellung von Tatsachen. Künstliche Intelligenz hat erst einmal nichts mit »Social Media« zu tun. Sie lässt aber eben jeden Belege oder Indizien für Falsche Tatsachen kreieren (aber auch für richtige). »KI« ist nur ein Werkzeug, das einfach zu nutzen und für jeden verfügbar ist. Aber nur wenige können damit umgehen, was freilich für die allermeisten Werkzeuge gilt. Und man kann das Thema nicht derart pauschalisieren. Russ Mohl spricht offenbar von »Generativer Text und Bild »KI«. Diese in Verbindung mit den »Social Media« ist tatsächlich bedrohlich – aber vor allem für diejenigen, die bisher ein Monopol auf das Kreieren falscher Tatsachen hatten. Leider auch für diejenigen, die über Fertigkeiten verfügten, Dinge auch selbst zu kreieren. Denn je »besser« die »Generative KI« wird, umso weniger lassen sich die Ergebnisse von denen wahrer Könner unterscheiden. Bis auf den Einfall, die Idee, den Gedanken. Besonders originell, differenziert, einfallsreich oder gar witzig ist die aktuelle »Generative Text KI« nicht. Sie ist (noch?) recht dumm und niveaulos.
Ein Riesenproblem ist, dass die »Generative Text KI« (aber auch die »Generative Bild KI«) zensiert ist – und in anderen Bereichen nicht zensiert ist, sondern zu Schlimmem neigt. Insofern darf man tatsächlich nichts glauben. Sollte man aber eben sowieso niemals. Einen »KI Bukowski« wird es vorerst nicht geben, denn gewisse Begriffe und Themen nimmt sie nicht in den Mund.
»Generative Sprach KI« hat keinen Sprachwitz und Esprit, sie ist unoriginell und erkennbar (freilich könnten Texte, die man so verortet auch von Nichtskönnern kommen).
Viel schlimmer ist etwas ganz anderes: Nämlich dass man sich damit zufriedengibt. Stichwort »#Imperten«. Und nach dem Motto, dass früher wenige viel über wenig wussten, und dass heute nun jeder nichts über alles weiß. Letztlich machen Internet, Social Media und KI wie alles die Dummen dümmer und die Klugen klüger.
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