Eric Berne und Thomas A. Harris, die krasse Unvollständigkeit der Transaktionsanalyse

  • Eric Berne hat die »Transaktionsanalyse« postuliert, Thomas A. Harris schildert sie anschaulich als »Ich bin o. k. Du bist o. k.«

Gütersloh, 28. Juli 2024

Eine Transaktion im psychologischen Sinne ist gewissermaßen ein seelischer Vertrag zwischen 2 Menschen oder 2 »Psychologischen Massen«. Der eine Mensch oder die eine »Psychologische #Masse« trägt etwas (ein Verhalten) an, der andere Mensch oder die andere »Psychologische Masse« nimmt den Antrag an und schließt den Vertrag ab. Zwischen einem Sender und einem Empfänger spielt sich ein kompliziertes Geben und Nehmen ab. Die Rollen des Senders und Empfängers können dabei blitzschnell und wiederholt ausgetauscht werden. Immer aber übt ein bestimmter Ich Zustand des Senders einen Reiz aus auf den Empfänger, der mit verbalen und nichtverbalen Verhaltenssignalen seines jeweils angesprochenen Ich Zustandes darauf reagiert.

Berne hat geglaubt, ein #Kleinkind habe schon früh gewisse Überzeugungen über sich selbst und die Menschen, die es umgeben, entwickelt und behalte diese Überzeugungen ein Leben lang bei. Die Transaktionsanalyse zeigt ein Schema der 4 möglichen Lebensanschauungen, wie ein Mensch oder eine »Psychologische Masse« sich selbst und andere sieht.

1. Ich bin nicht o. k. – Du bist o. k.

2. Ich bin nicht o. k. – Du bist nicht o. k.

3. Ich bin o. k. – Du bist nicht o. k.

4. Ich bin o. k. – Du bist o. k.

In der Transaktionsanalyse wird an genommen, dass sich ein #Kind am Ende des 2. Lebensjahres beziehungsweise spätestens während des 3. Lebensjahres für eine dieser Grundanschauungen entscheidet. Diese #Annahme verkennt, dass diese »Entscheidung« oktroyiert wird, und dass es so etwas wie einen »Freien Willen« nicht gibt.

Darüber hinaus ist die These krass #unvollständig, denn sie verkennt mindestens 2 Faktoren: Die »Grundanschauungen« sind als »#Grundanschauung« mutmaßlich partiell dynamisch, jedenfalls können sie situativ dynamisch sein, was die »primären« »Grundanschauungen« überlagern kann; und das Modell ist um Tatsachen zu erweitern. Es ist nicht nur möglich, sondern nicht selten auch tatsächlich so, dass die Annahmen (»Grundanschauungen«) über die eine, die andere oder beide Seiten falsch sind. Was im Übrigen – und das ist ein 3. Faktor – umgekehrt für die »Gegenseite« genauso gilt. Insofern muss in ein Transaktionsmodell immer auch die Dynamik einbezogen werden, die sich durch die #Betrachtung des Standpunkts der »Gegenseite« ergibt. Freilich kennt man diesen Standpunkt unter Umständen nicht – oder man kennt ihn vermeintlich, irrt sich aber. Was indes für die »Gegenseite« ebenso gilt. Entweder sind sich eine Seite oder beide Seiten des Modells und dieser Umstände überhaupt gewahr oder nicht. Was aber letztlich nur unter der Prämisse eine Rolle spielen dürfte, es gebe einen »Freien Willen«. Es spielt also keine Rolle.

Ein Beispiel ist ein Diktator, der sich als »o. k.« darstellt, sich als »o. k.« empfindet, und es schafft, andere davon zu überzeugen, er sei »o. k.« In Wahrheit ist er nicht »o. k.« Seinen Anhängern suggeriert er unter Umständen, sie seien zum einen »o. k.« wenn sie das tun, was er will – und sie seien nicht »o. k.« wenn sie das nicht tun. Tun sie aber das, was er will, sind sie in Wahrheit nicht »o. k.« – und umgekehrt. Darüber hinaus vermittelt er seinen Anhängern unter Umständen, bestimmte Opfergruppen seien per se nicht »o. k.« was zum einen zu Gräueln führen kann, zum anderen sein Hebel ist, mit dem er seinen Anhängern suggeriert, sie seien »o. k.« – unabhängig davon, ob sie es tatsächlich sind oder nicht sind. Je weniger sich jemand für »o. k.« hält, umso anfälliger ist er für Diktatoren – sowohl als Mitläufer, als auch als Opfer. Jedenfalls auf der psychologischen Ebene. Auf der physikalischen Ebene spielt all dies keine Rolle.

Ein weiterer Faktor, den die #Transaktionsanalyse verkennt, ist die Tatsache, dass #Schwarzweißdenken gerade in der #Psychologie absolut unangebracht ist. Selbst allergrößte Narzissten halten sich wohl nicht für hundertprozentig »o. k.«, im tiefsten Inneren wohl sowieso nicht. Niemand ist absolut »o. k.« oder nicht »o. k.«