Haushaltsrede der FDP in der Haarer Gemeinderatssitzung am 26. November 2024

  • Es gilt das gesprochene Wort, Redner: Dr. Peter Siemsen, Gemeinderat der FDP

#Haar, Landkreis #München, 26. November 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

werte Kolleginnen und Kollegen,

wie in den vergangenen Jahren möchte ich auch in meiner diesjährigen Haushaltsrede mit einem Dankeschön beginnen. Dieses gilt allen voran den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, durch deren Arbeit die notwendige Transparenz der Zahlen in dem zu beschließenden Haushaltsplan sichergestellt wurde. Besonders möchte ich dabei unsere stellvertretende Leiterin der Finanzverwaltung Frau Petra Nöthel erwähnen. Sie hat in diesem Jahr die Leitung des Aufstellungs und Abstimmungsprozesses für den Haushalt übernommen. Ihre strukturierten Aufbereitungen und trotz hoher Arbeitslast stets gute Erreichbarkeit unterstützten den Abstimmungs und Beratungsprozess für den Haushalt 2025 wesentlich.

Gegenüber der Aufstellung des vorangegangenen Haushalts gibt es einiges Positives festzustellen. Die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushaltsplans erforderte in diesem Jahr deutlich weniger Beratungsschleifen als im Vorjahr. Das laufende Haushaltsjahr zeigt sich bisher positiver als bei der Aufstellung angenommen: Die Gewerbesteuereinnahmen werden (wie uns bereits in der Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause mitgeteilt worden ist) voraussichtlich um rund 5 Millionen Euro höher ausfallen als ursprünglich angenommen, womit auch die diesjährigen Zinseinnahmen ansteigen werden. Dementsprechend werden im Haushaltsansatz für das Jahr 2025 beide Einnahmepositionen erhöht: Die Gewerbesteuereinnahmen von 10,5 Millionen Euro auf 14 Millionen Euro und die Zinseinnahmen von rund 1 Millionen Euro auf rund 1,9 Millionen Euro. Trotz dieser positiven Nachrichten zeigt der genaue Blick in den kommenden Haushalt und die prognostizierte Entwicklung der Rücklagen leider ein anderes Bild.

»Dem Staatsmann obliegt es, sich in der Phantasie ein Bild von der Zukunft zu entwerfen und sich lange im Voraus klarzumachen, welche Zufälle glücklicher und unglücklicher Weise eintreten könnten, und was zu tun sei, wenn etwas Menschliches passiert; aber es nie so weit kommen zu lassen, dass man einmal sagen müsste: Das hätt' ich nicht gedacht«, liest man bei Marcus Tullius Cicero. Angesichts der Volatilitäten, die aus geopolitischen Krisen, der Entkopplung der Weltwirtschaft und der großen – wenn nicht größten – Transformation von #Gesellschaft und #Wirtschaft resultieren, ist dieser Satz auch für uns und unser Handeln von überaus bemerkenswerter Aktualität.

Die mögliche Gestaltung der Zukunft finden wir beim genauen Blick in den Haushaltsplan an einigen Stellen skizziert. Mit der Beteiligung an der »GeoEnergieMünchenOst« tragen wir der Energiewende als einem der zentralen Zukunftsthemen Rechnung. Geothermie wurde bereits von vielen anderen Kommunen und Unternehmen als wichtiger Teil der Energie und Wärmewende erkannt. Durch den Einstieg in diese klimafreundliche und landschaftsfreundliche Energiequelle setzen wir ein deutliches Zeichen für die Vorwärtsgewandtheit und Technologieoffenheit unserer zukünftigen Stadt Haar. Zu der Energiewende gehört ebenso die Verkehrswende. Die Umgestaltung des Busbahnhofs, die im Haushalt 2024 schmerzlich vermisst wurde, findet sich ebenso wie der dringend notwendige Umbau der Leibstraße wieder. Mit dem Neubau einer Kindertageseinrichtung am Wieselweg geben wir eine wichtige und richtige Antwort auf die sich geänderten gesellschaftlichen Lebensentwürfe und damit einhergehenden Bedürfnisse. Der Grund der Berufstätigkeit darf dabei keine Rolle spielen. Damit unser Ort auch zukünftig für die Menschen liebens und lebenswert bleibt, müssen wir Kinderbetreuung auch zukünftig als Top Thema im Fokus behalten.

Durch die Aufnahme investiver Mittel für die Sanierung des »DINO« Jugendtreffs in den Haushaltsplan 2025 kommen wir einem Versprechen nach, das in doppelter Hinsicht besteht. Mit diesem Projekt wurden sowohl große Erwartungen bei den Nutzerinnen und Nutzern, als auch das Interesse an zirkulärem Bauen in der breiteren Öffentlichkeit geweckt. Insofern stehen wir hier politisch in einer Verpflichtung, die wir im Sinne der Glaubwürdigkeit ernst nehmen müssen. Die trotz der herausfordernden Finanzsituation eingestellten Mittel für weitergehende Studien zur Realisierung eines Schulcampus mit einer Realschule sind ein wichtiges Signal an den Landkreis für den Ausbau der Bildungslandschaft – nicht irgendwo, sondern hier in Haar!

Zu einem attraktiven Zukunftsbild tragen nicht zuletzt unsere Vereine bei. Die in Haar über Jahrzehnte gewachsene Vielfalt an Gruppen und Organisationen sorgen nicht nur für ein breites Angebot, sondern sind der Kitt für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Beispielhaft für das soziale Miteinander ist der Haarer Tisch, den die Gemeinde aufgrund gestiegener Nachfrage im kommenden Jahr mit zusätzlichen Mitteln unterstützen wird. Natürlich geraten in finanziell schwierigen Zeiten vor allem die großen Leistungsempfänger wie Nachbarschaftshilfe, Musikschule und VHS in den Fokus. Die reine Feststellung, dass es sich bei allen 3 Einrichtungen um Empfänger freiwilliger Leistungen handelt, hilft an der Stelle allerdings nicht weiter. Orientierung für das richtige Handeln gibt vielmehr die Frage: »Was braucht Haar, was braucht unsere zukünftige Stadt?« Hier bleibt festzustellen, dass diese 3 Einrichtungen gesellschaftlich wichtige Aufgaben in den Bereichen Bildung, Pflege und Betreuung (auch die Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern) schultern. Musikalische Erziehung wie sie an unserer Musikschule stattfindet oder der wirksame Beitrag unserer #VHS zur #Integration und #Demokratieerziehung kann durch allgemeinbildende Schulen schon allein aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung nicht abgedeckt werden. Erwachsenenbildung ist gerade in einer Zeit großer Transformationen in #Wirtschaft und #Gesellschaft, deren Bewältigung lebenslanges Lernen erfordert, kein Luxus, sondern essentiell. Im Verständnis eines Bildungsstandorts mit sozialer Verantwortung hat sich unsere Gemeinde in der Vergangenheit nicht mit Mittelmaß zufrieden gegeben. Als Stadt darf sie das erst recht nicht! Dennoch ist es angesichts der Prognosen zur finanziellen Entwicklung von Haar richtig, gemeinsam mit allen drei Partnern die Kostenentwicklung im Blick zu behalten. Die Einführung einer mittelfristigen Finanzplanung, die analog zur Entwicklung der Rücklagen und des Schuldenstandes der Gemeinde nicht nur das Antragsjahr, sondern auch die Folgejahre im Blick hat, erscheint sinnvoll und notwendig, um wirksame Maßnahmen frühzeitig abstimmen und einleiten zu können, ohne die Handlungsfähigkeit und Qualität der Einrichtungen zu beeinträchtigen.

Der Blick auf die uns vorliegende mittelfristige Finanzplanung gibt leider alles andere als Anlass zu ungetrübtem Optimismus. Die Rücklagen schmelzen weiter, die Schulden wachsen: Trotz der im Vergleich zum ursprünglichen Haushaltsansatz positiveren Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen sinkt die Rücklage bereits in diesem Jahr von ehemals 44 Millionen Euro auf rund 31 Millionen Euro. Die Schlüsselzuweisung in 2025 ermöglicht zwar im anstehenden Haushaltsjahr eine Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt, eine Trendumkehr findet allerdings durch den Einmaleffekt nicht statt. In den Folgejahren übersteigen die Ausgaben des Verwaltungshaushalts erneut die Einnahmen. Als Konsequenz drohen unsere Rücklagen bis 2028 auf magere 4,1 Millionen Euro. zusammenzuschmelzen. Im Gegenzug steigen die Schulden von heute 17,1 Millionen Euro auf 19,3 Millionen Euro in 2028 (mit einem Schuldenpeak von 22,4 Millionen Euro in 2025). Insofern gibt es leider auch in der aktuellen Prognose keinen Grund zur Entwarnung. Es bleibt bei der Feststellung, dass die Leistungsfähigkeit der Gemeinde Haar ohne deutliche Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann. Die Diskussion um die seit vielen Jahren dringend notwendige energetische Sanierung gemeindlicher Wohnungen machte deutlich, dass der sich weiter abzeichnende Negativtrend unserer kommunalen Finanzen, in schwierige und vielleicht teilweise auch kontraproduktive Debatten münden kann. Abwägen zu müssen, wem man etwas nicht gibt, um es anderen zu geben, darf nicht zu einem dauerhaften Zustand politischen Handelns werden. Wirksame Wirtschaftsförderung muss daher als Pflichtaufgabe oberster Priorität auf der politischen Agenda unserer Gemeinde bleiben.

Die Bemühungen des Amts für Wirtschaftsförderung sind erkennbar, die Mittel für 2025 werden folgerichtig von 11.500 Euro auf 59.000 Euro erhöht. Auch für die Außenkommunikation finden sich im kommenden Haushalt Handlungsspielräume. Gegenüber dem letzten Jahr werden die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing noch einmal um 40.000 Euro auf rund 167.000 Euro erhöht. Doch das allein reicht aus meiner Sicht für den dringend notwendigen »Gewerbesteuer Boost« nicht aus. Wir müssen unser bestehendes Gewerbeflächenangebot noch offensiver auf den Markt bringen. Neben der Anpassung an die Anforderungen der heutigen Arbeitswelten brauchen wir auch Offenheit für Neues. Dazu schließt emissionsarme Produktionsunternehmen und innovative Start ups mit ein. Hierzu sollten wir die Hinzuziehung von externer Expertise in Betracht ziehen. Um jedoch für zukunftsträchtige Unternehmen interessant zu sein, müssen wir vor allem eines: Gemeinsam an einem Strang ziehen! Nur so erreichen wir Geschwindigkeit und Wirksamkeit. Der vorliegende Haushaltsplan zeigt, dass Haar trotz aller finanziellen Herausforderungen in den kommenden Jahren Zukunft hat. Aus diesem Grund stimme ich dem Haushalt zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Peter Siemsen

Vertreter der FDP im Haarer Gemeinderat