Digital Kirche sein, heißt ansprechend sein

  • Im Erzbistum Paderborn wird an zentralen Lösungen für die digitale Professionalisierung gearbeitet.

Paderborn (pdp) Durch die Corona-Pandemie mussten sich viele Kirchengemeinden quasi aus dem Stand digitalisieren, um weiterhin Menschen zu erreichen. Das Erzbistum Paderborn strebt eine langfristige und nachhaltige Digitalisierungsstrategie an. Frank Siemen, Diözesanbeauftragter für Digitalisierung in der Erzdiözese, ist überzeugt: »Um durch digitale Angebote eine ansprechende Kirche zu sein, braucht es zentrale und ganzheitliche Lösungen zur digitalen Professionalisierung. Dabei ist das Erzbistum auf einem guten Weg.«

Im Erzbischöflichen Generalvikariat leitet Frank Siemen den Bereich IT und Datensicherheit. Für die moderne Verwaltungsbehörde des Erzbistums sei Technisierung in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, erklärt Frank Siemen: »Wir haben intensiv technische Lösungen entwickelt, um das Arbeiten im Erzbistum digital professioneller und effizienter zu machen.« Der IT-Leiter benennt beispielhaft zentrale Anwendungen für Verwaltungssaufgaben wie die Finanzbuchhaltung, ebenso das digitale Personalverzeichnis als Bistumsdatenbank oder auch die Software TeRMIn: Sie unterstützt bei der Termin- und Raumplanung oder der Verwaltung von Messen und Intentionen – und sie wird in Zusammenarbeit mit den Gemeinden intensiv weiterentwickelt. 

Ganzheitlicher Qualitätsanspruch

Die Pandemie habe den Schwerpunkt der Digitalisierung dahin verschoben, »analoge Kommunikation durch digitale Instrumente zu kompensieren«, so der Digitalisierungsbeauftragte. »Durch unsere dezentralen kirchlichen Strukturen gibt es viele eigenständige Aktivitäten und Angebote in den Pastoralen Räumen. Diese sind sehr bunt, aber in der Qualität nicht immer vergleichbar«, macht Frank Siemen die derzeitige Situation deutlich. »Was wir brauchen, ist ein ganzheitlicher Qualitätsanspruch, denn wir müssen als Kirche im Ganzen – und das natürlich nicht nur digital – gut sein.« Für die Umsetzung seien technisch zentrale Strukturen nötig. »Damit erreichen wir eine einheitliche Außendarstellung und eine hohe Ansprechbarkeit in Form digitaler Dienste. Denn die meisten Menschen suchen heute digital den Kontakt«, erläutert der IT-Leiter.

Was die Pastoral vor Ort angeht, seien im Lockdown die Gottesdienst-Streams wichtig gewesen, sagt Dr. Annegret Meyer, die im Generalvikariat die Abteilung Glauben im Dialog leitet. Der Abteilung zugeordnet ist das Projekt »Digitalisierung und Pastoral«, in dem sich Dr. Anne Weber um die operational-praktischen und ethischen (Anschluss-)Fragen zur Digitalisierung kümmert. »Viele Gemeinden haben gemerkt, dass die Umsetzung von Streaming-Gottesdiensten einfacher war als gedacht«, erklärt Dr. Meyer. Aber meistens seien die Formate wenig interaktiv gewesen. »Dennoch gab es tolle Beispiele wie etwa Video-Konferenz-Gottesdienste für Familien.«

Vielfältige Online- und Social-Media-Angebote

Gottesdienstübertragungen werden künftig nicht die einzigen Digital-Angebote der Kirche bleiben, prognostiziert die Theologin. Für vielfältige Online- und Social-Media-Angebote könnten in Zukunft neu zu findende digitale Pastoralteams zuständig sein. Bei der Sakramentenkatechese, Kommunion- und Firmvorbereitung, muss in Dr. Meyers Augen differenziert werden: »Es bieten sich sogenannte Blended-Learning-Formate an, wo Inhalte digital vermittelt werden, aber sowohl virtuell als auch analog genug Möglichkeit zu Kontakt und Begegnung bleibt. Da hat man das Beste aus beiden Welten«, veranschaulicht Dr. Meyer. Die Digitalisierung von Inhalten weiterer Bereiche, beispielsweise für Teile der Ausbildung für C-Musiker, sei in Planung.

In dem Zusammenhang macht Dr. Meyer auch auf viele Bildungs- und Vernetzungsformate aufmerksam, die im Erzbistum entstanden sind, ebenso wie auf eine neue Stelle für Digitale Bildung in der Abteilung »bilden + tagen« und nicht zuletzt auf die E-Learning-Plattform, die momentan im Generalvikariat eingeführt wird. Unter dem Titel wir.lernen wird sie zukünftig für Hauptberufliche und Ehrenamtliche im Erzbistum zur Verfügung stehen.

Mit FLIB Internetseiten bauen

Als Paradebeispiel für ganzheitliche Qualität im Auftritt als Kirche bezeichnet Frank Siemen den Webbaukasten FLIB, mit dem Kirchengemeinden und Einrichtungen auf einfache, einheitliche und qualitativ hochwertige Weise ihre eigenen Internetseiten gestalten können. Einmal technisch zentral entwickelt, kommt es am Ende auf den Inhalt vor Ort an, unterstützt durch kompetente Fachberatung aus dem Erzbischöflichen Generalvikariat. »Natürlich ist für so eine Lösung ein finanzieller und beratender Aufwand nötig, aber je mehr Gemeinden mitmachen, desto deutlicher wird Kirche als digital gut aufgestellt, ansprechend und ansprechbar wahrgenommen«, so Siemen.

Auf faire Technologien und Zugänglichkeit achten

Dr. Annegret Meyer ergänzt aus pastoraler Perspektive: »Kirche wird sicher nie ausschließlich digital funktionieren, weil sie im Wesenskern ganzheitlich auf Kontakt angelegt ist. Begegnung kann aber durchaus auch im virtuellen Raum stattfinden. Insofern sind ein professioneller digitaler Zugang und somit zentrale technische Strukturen als Rahmen hilfreich und lohnen sich.« Neben einem ausgewogenen Verhältnis von analogen und digitalen Angeboten müsse darauf geachtet werden, dass faire Technologien eingesetzt  werden, die für möglichst viele Menschen auch zugänglich sind, macht Dr. Meyer deutlich.

Frank Siemen sieht die Digitalisierung als große Chance in der Ansprache von Menschen, die andere Angebote als »nur« die Eucharistiefeier suchen. »Mit Hilfe der Digitalisierung können genau diese Angebote und Aktivitäten den Gläubigen und Interessierten auf einfache Art zugänglich gemacht werden. Kirche in ihrer Vielzahl an Strukturen muss unkompliziert zugänglich sein. Und das heißt heute digital.«

Wie sieht Digital Kirche sein in der Zukunft aus?

Frank Siemen entwirft eine Vision vom Digitalen Kirche sein: »Gläubige oder Interessierte werden einen einfachen Zugang zum Netzwerk Kirche haben. Sie können für sie relevante Angebote einfach finden, sich vernetzen, austauschen und verschiedene Dienste (pastorale, verwaltungstechnische et ceterea) nutzen. Sie können sich an Aktionen beteiligen, sich ort- und zeitunabhängig einbringen. Es wird ein breites Angebot an digitalen Inhaltsangeboten geben, die gemeinschaftlich mit der Pastoral vor Ort entwickelt werden, es wird mehr Strukturen und Netzwerke geben, die sich stärker über inhaltliche Themen finden als über regionale Bezüge.«

Dr. Annegret Meyer und Frank Siemen im Gespräch über Digitalisierung im Erzbistum Paderborn. Foto: Maria Aßhauer/Erzbistum Paderborn.