Großküche mit menschlichem Maß, die Integrationsküche Nordkirchen GmbH ist bei der LWL Messe der Inklusionsunternehmen 2023 dabei
Dortmund, Nordkirchen (LWL)
Die #LWL #Messe der Inklusionsunternehmen bringt Unternehmen, Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheider und #Interessierte zusammen. Am 15. März 2023 findet sie bereits zum 5. Mal statt. In diesem Jahr erstmals in der Messe Dortmund, mit mehr Platz für die rund 130 Aussteller und unter dem Motto »Inklusion entfaltet«. Die Integrationsküche aus Nordkirchen ist eines der Inklusionsunternehmen auf der Messe und beschäftigt Menschen mit geistiger, psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung ebenso wie Menschen ohne Behinderung.
Wie eine große Familie
In der Integrationsküche Nordkirchen, in der täglich über 1.600 Essen gekocht werden, duftet es nach Tomatensauce und gebratenem Hackfleisch. In der Auslage der roten Theke dampfen gefüllte Paprika. Die #Cafeteria »Köstlich« der Integrationsküche Nordkirchen rüstet sich für den großen Ansturm. Jetzt, um kurz nach halb Zwölf ist es noch ruhig, aber das wird sich in der nächsten Stunde ändern. Torsten Wißmann und einige seiner Kollegen nutzen die Zeit und essen das, was sie in den Stunden zuvor gekocht haben. Der 41 Jährige, der aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WFBM) des Caritasverbandes in Nordkirchen zur Integrationsküche wechselte, gehört zu den Mitarbeitenden mit Handicap und arbeitet dort seit Mai 2016 auf einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz.
Sie mögen ihn hier sehr, er gilt als ruhig, zuverlässig und eigentlich immer gut gelaunt. Wenn Torsten Wißmann morgens seinen Dienst antritt, weiß er genau, was zu tun ist. Lebensmittel heranschaffen, Gemüse oder Fleisch anbraten, in großen Töpfen umrühren, später auch spülen oder mit einem der Elektro-Fahrzeuge Essen auf dem weitläufigen Gelände der Kinderheilstätte Nordkirchen, zu der die Integrationsküche gehört, ausfahren. Für ihn ist die Arbeit keine Last, ganz im Gegenteil: »Ich koche sehr gerne, deswegen finde ich meinen Job auch so gut.« Die Kollegen sind für ihn, so sagt er, »wie eine große Familie.«
Niemand wird überfordert
So etwas hört Thomas Pliquett gerne. Er ist Kaufmännischer Direktor der zum Gesamtkomplex gehörenden Trägerschaft Vestische Caritas Kliniken und Geschäftsführer der Integrationsküche Nordkirchen GmbH. »Wir schauen genau hin, wie belastbar der einzelne Mitarbeiter ist«, sagt Pliquett. Niemand soll in Nordkirchen überfordert werden.
Seit Anfang 2016 gibt es die Integrationsküche Nordkirchen. »Früher hatten die Einrichtungen ihre eigenen kleinen Küchen, das war alles nicht mehr kostendeckend. Man braucht heute gut 1.500 Essen täglich, um wirtschaftlich zu sein. Wir hatten hier in Nordkirchen nur 500«, so Pliquett. Man habe vor der Entscheidung gestanden: »Bauen wir eine neue Großküche, die leistungsfähiger ist als die bisherigen zusammen, oder lassen wir es?«
Auf Expansionskurs
Die neue Küche wurde gebaut, auch weil sich neben der Muttergesellschaft Institutionen wie das NRW-Sozialministerium, das LWL-Inklusionsamt Arbeit, die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch finanziell engagierten. Während der Planungsphase wurde Pliquett durch die Betriebswirtschaftliche Beratungsstelle für Inklusionsbetriebe bei der Handwerkskammer Münster unterstützt. Pliquett und seine Kollegen schauten sich andere Großküchen an, recherchierten die technischen Notwendigkeiten, kalkulierten das Investitionsvolumen - und machten sich dann an die Kundenakquise. Klar war, dass die neue Integrationsküche die Kinderheilstätte versorgen sollte, aber auch weitere Einrichtungen in Nordkirchen wie die Gesamtschule und Kindergärten sowie die Werkstätten des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld.
Der Start 2016 mit 850 Essen war gut, aber noch ausbaufähig. 2019 kamen weitere Werkstätten aus dem #Caritas Verbund in Lüdinghausen und Lünen sowie die Vestische Kinderklinik und Jugendklinik in Datteln, die zum Trägerverbund gehört, hinzu. »Heute sind wir bei 1.600 Essen täglich«, sagt Pliquett. »Das ist dann auch die Grenze für einen 1 Schicht Betrieb.« Schließlich müssten sich alle Mitarbeiter zurechtfinden. Auch deren Zahl ist gestiegen. Waren es vor einiger Zeit noch 25, sind es jetzt 41, 16 davon sind Menschen mit Beeinträchtigungen. »Wir achten darauf, dass wir verschiedene Behinderungsgrade bei uns haben«, sagt Pliquett. In der Integrationsküche arbeiten Menschen mit geistiger, psychischer und körperlicher Behinderung Seite an Seite mit Menschen ohne Handicap. »Wir schauen vor allem auf die individuelle #Qualifikation«, deshalb sind die jeweiligen Teams auch sehr gemischt.
Betriebswirtschaftlich organisiert
Natürlich steht die Integrationsküche Nordkirchen in einem harten Wettbewerb. Sie ist streng betriebswirtschaftlich organisiert, vom Betriebsleiter über die Produktionsleiterin, die Köche und Wirtschaftlerinnen bis zu den Küchenhilfen und Fahrern. Auch Diätassistentinnen sind hier beschäftigt. Und selbstverständlich bietet eine moderne Großküche wie die in Nordkirchen in heutiger Zeit auch regionale, vegetarische und vegane Essensalternativen an.
Mit 3 Transportern liefern Wißmanns Kollegen täglich die Mahlzeiten aus, gut verpackt in Thermoporten. »Der Preis bei uns ist etwas höher als bei den Branchenriesen, aber dafür ist das Essen auch regionaler«, sagt Pliquett. »Und sehr geschmackvoll. Wir wollen zufriedene Kunden haben, gute Qualität ist da entscheidend. Ein Mittagessen für 3,50 Euro können wir deshalb nicht bieten«, so Pliquett.
Menschliches Maß
Auch einer Expansion um jeden Preis erteilt der Kaufmännische Direktor eine Absage: »Wir wollen in unserem Kerngebiet bleiben, ein 25 Kilometer Radius ist in Ordnung, mehr aber auch nicht. Wir sind und bleiben die regionale Großküche für Nordkirchen und Umgebung.« Ãœberhaupt hat in der Integrationsküche alles ein menschliches Maß. Eine Sozialpädagogin kümmert sich bei Bedarf um die Beschäftigten mit Beeinträchtigungen. Probleme werden möglichst sofort im Gespräch angesprochen. »Der Krankenstand unserer Mitarbeiter mit Beeinträchtigungen ist nicht höher als bei den Mitarbeitern ohne Beeinträchtigungen«, sagt Pliquett nicht ohne Stolz.
Torsten Wißmann ist ganz selten krank. Es gefällt ihm in Nordkirchen, woanders zu arbeiten, kann er sich nicht vorstellen. Nur sein Lieblingsessen, das gibt es in der Integrationsküche nicht so häufig: »Sauerbraten und Königsberger Klöpse.«
Hintergrund Integrationsunternehmen
In Westfalen Lippe gibt es zurzeit über 170 Inklusionsunternehmen oder Abteilungen in #Firmen aus #Industrie, #Handel und #Gewerbe, in denen knapp 2.200 Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Die Betriebe, die zum großen Teil Mitarbeiter mit Handicaps beschäftigen, sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Sie muÌ¿ssen sich wie jedes andere Unternehmen am freien Markt behaupten.
Der LWL unterstützt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten müssen, die nicht mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiter:innen besetzen. Die Inklusionsunternehmen bekommen Zuschüsse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur für Arbeit, das Land #Nordrhein #Westfalen über das Programm »Integration unternehmen!« sowie die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch. Hinzu kommen Mittel aus dem Förderprogramm »Inklusionsinitiative II – alle Im Betrieb« des Bundes. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.